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Wer ist verantwortlich?

Den etablierten Politiker laufen die Wähler davon. Als Gegenmaßnahme zeigen sie Muskeln, indem sie das populistische Verhalten ihrer politischen Gegner übernehmen. Sie fallen in den gleichen Pöbelstil, den sie eigentlich kritisieren. Obwohl die EU, NAFTA, MERCOSUR, APEC und andere Freihandelsabkommen die Regionen weiter zu größeren Bündeln zusammenfassen, entwickeln sich weltweit immer mehr nationalistische Strömungen. Dies schwemmt Politiker nach oben, die die Verunsicherungen der Wähler ausnutzen, um deren Stimmen zu erhalten. Es geht aber auch um jene, die ihre Stimme diesen neuen Strömungen geben sowie die Mitbewerber, die die Ängste nicht ernst nehmen und dadurch kontinuierlich Stimmen an die neuen Alternativen verlieren. Die Frage, die sich aufdrängt, ist: Wer ist eigentlich für diesen Rechtsruck verantwortlich?

Alternativen

Gewinnen populistische Strömungen durch besonders gute Angebote? Oder wünschen sich die Wähler genau die angebotenen Lösungen? Oder haben die etablierten Parteien einfach keine Antworten mehr? Betrachten wir die drei Gruppen.

  • Die Gewinner
    Die neuen, politischen Strömungen, allgemein Populisten genannt, haben die virtuellen Möglichkeiten des Internets und der Massenmedien für sich entdeckt und nutzen geschickt den direkten Weg zum Wähler. Einerseits bieten sie Informationen, die neue Nahrung zu Stereotypen liefern – Falschmeldungen bzgl. Sozialleistungen und Vergehen von Flüchtlingen. Gleichzeitig übernehmen sie positiv belegte Slogans und schaffen es damit sogar in die Leitmedien – angefangen mit „Wir sind das Volk“ bis hin zur Verkleidung mit der Marke von Anonymus für einen Facebook-Account. Eigene Inhalte und praktikable Lösungen finden sich hier nicht. Die Gewinner schaffen es aber trotzdem, eine Wählerschar hinter sich zu bringen und damit das politische Leben zu verändern.
  • Die Wähler
    Spätestens seit der deutschen Wende ist die Politiklandschaft in Bewegung geraten. Einerseits ist die große Wählergruppe aus den neuen Bundesländern hinzugekommen. Gleichzeitig brachte die PDS-Nachfolgepartei eine neue politische Strömung aufs erstarrte Parkett. Während zwischen 1972 und 1983 der Anteil Nichtwähler zwischen 8,9% und 10,9% schwankte, haben wir zwischen 1990 und 2009 von 22,2% bis 29,2% der Wähler, die nicht mehr zur Wahl gehen. Dies ist ein großes Potenzial, das von neuen politischen Alternativen anvisiert werden kann. Spannend wird es bei der nächsten Bundestagswahl. Sinkt der Anteil an Nichtwähler bemerkbar? Welchen Anteil erhalten die neuen Parteien? Die Wähler entscheiden über die Zusammensetzung der Parlamente und sind damit die eigentlich Verantwortlichen. Durch die Wahl einer Partei geben sie dieser den Einfluss – egal ob sie Lösungen anbietet oder nicht.
  • Die Verlierer
    Lange Jahre der politischen Arbeit, der Wunsch wiedergewählt zu werden, der Fraktionszwang und das unvergängliche Gedächtnis der Medien haben die etablierten Parteien weichgespült. Politiker sichern ihren Status, indem sie dem Wählervolk nach dem Mund reden – auch wenn dies dazu führt, dass man keine eigene Position mehr vertritt. Stabile Positionen und Werte haben sich einerseits verfestigt, aber andererseits zeigt die Realpolitik nach der Wahl, dass die Umsetzung der hehren Ziele, hinter den ursprünglichen Ansprüchen zurückbleibt. Berufspolitiker erhalten ihre Leistungsbeurteilung bei der Wahl. Wen überrascht es, dass sie dafür ihre Ansprachen an Umfragen ausrichten. Bis auf wenige Ausnahmen treten persönliche Einstellungen hinter dem Fraktionszwang zurück. Die Aussagen verlieren ihren Aktualitätsbezug, wenn lange zurückliegende Zitate, über Jahre hinweg, aus dem Zusammenhang gezogen und gegen die Kandidaten genutzt werden. Während zu Beginn alle etablierten Parteien sich gegen den Populismus der neuen gewendet haben, bemerken sie, dass ihnen ohne diesen Stil, breite Wählerschichten wegbrechen. Zwar möchten alle stets gefragt werden, aber es gibt keine Antworten mehr. Politiker nutzen die Redezeit, um trotz wiederholter Nachfrage auswendig gelernte Texte herunter zu leiern. Die alten Parteien tragen durch ihre unklaren Positionierungen und unglaubwürdigen Angeboten wesentlich zum Verfall der politischen Kultur bei.

Fazit: Wahlergebnisse werden von Wählern gemacht. Politiker machen mehr oder weniger konkrete Angebote, die die Wähler zu verleiten versuchen. Derzeit scheint eine große Menge der Bürger keine Lust mehr zu haben, sich von den etablierten Parteien einen Bären aufbinden zu lassen.
Verantwortlich für diese Entwicklungen sind die Wähler und die traditionellen Berufspolitiker. Die Wähler verstecken ihre Wahlentscheidung hinter fragwürdigen Begründungen: Wir zeigen es euch mal, wer am längeren Hebel sitzt; zur Strafe wähle ich gar nicht; die haben doch recht. Die etablierte Politiklandschaft hat aufgrund von Jahrzehnten der Kontinuität und Politikroutine sowie durch die Karriereinteressen der Politiker ihren Zweck verloren.

Ohne Geld gibt es nichts zu teilen

Es ist eine interessante Vorstellung, dass der Computer uns die Tür zu einem neuen Wirtschaften aufstößt. Grenzkosten lösen sich auf, Ressourcen werden durch Teilen besser genutzt und eine bisher schwer erreichbare Reichweite wird möglich. Allerdings stellt sich die Frage, woher die Produkte und Services kommen, die ohne Auflagen und Kosten geteilt werden. Gibt es denn etwas zu teilen ohne Geld?

Gute Beispiele liefern die neuen Dienstleistungen im Internet, wie beispielsweise Airbnb, Ouishare, Uber. Hier werden auf der Grundlage einer Software, die via PC, Smartphones oder sonstigen Endgeräten, Kunden mit Anbietern zusammenbringen, Dienstleistungen von Dritten ermöglicht. Betrachten wir Uber. Was braucht dieses Geschäft?

  • Ein Medium
    Das A und O dieses Geschäftsmodells ist der Zugang zu der Webseite von Uber. Fast jeder verfügt heute über einen Zugang zum Internet, egal wo man sich befindet. Damit kann man sich von überall einloggen und ein Geschäft abschließen.
  • Betriebsmittel
    Das wichtigste Betriebsmittel ist das Fahrzeug, mit dem die Kunden befördert werden. Dieses Fahrzeug ist kein Betriebsmittel von Uber. Es gehört dem Fahrer, der auch alle Kosten trägt – Kauf, Service, Reifen, Versicherungen usw. Der Zustand des Fahrzeuges wird in diesem Fall nicht gewerblich geprüft, wie bei einem Taxiunternehmen. Die regulären TÜV-Prüfungen konzentrieren sich nur auf die grundsätzliche Fahrtüchtigkeit des Fahrzeugs, nicht auf die gewerbliche Nutzung.
  • Personal
    Die Fahrer sind nicht bei Uber angestellt, sondern private Fahrer, die keinen Bestimmungen unterliegen. Arbeitszeit und Kenntnisse unterliegen nur allgemeinen Anforderungen. Sonstige Mitarbeiterleistungen, wie angestellte Mitarbeiter, erhalten sie nicht – z.B. Ferien, Altersvorsorge. Niemand prüft, inwieweit die Fahrer in der Lage sind, ihre Leistung zuverlässig zu erfüllen.
  • Richtlinien
    Da es sich um kein offizielles Taxiunternehmen handelt, entfallen Regeln, die traditionelle Taxibetriebe erfüllen müssen – Standardtaxameter oder vorgeschriebene Sicherheitsanlagen, wie z.B. eine Funkanlage oder ein Alarmsystem für den Fahrer.
  • Absicherungen
    Da die Fahrer eigentlich keine Dienstleistung erbringen, sondern Mitfahrgelegenheiten privat anbieten, werden die meisten ohne die entsprechenden gewerblichen Versicherungen unterwegs sein. Aufgrund der heutigen Tarife der Versicherungen kann es sogar sein, dass aus Kostengründen noch nicht einmal eine private Versicherung für die Mitfahrer besteht. Ganz zu schweigen von irgendwelchen Versicherungen für die (Mit-)Fahrer im Krankheits- oder Unfallfall.

Die Vorteile dieses Vorgehens für alle liegen auf der Hand.

  • Uber wird für den Vermittlungsservice über das Internet bezahlt. Damit sind das Geschäft und die Verantwortung von Uber beendet.
  • Der Fahrer profitiert von einem Geschäftsmodell, das er ohne die entsprechende Ausbildung und ohne den Zwang gewerblichen Regeln folgen zu müssen, betreiben kann.
  • Für die Fahrgäste ist es billiger und einfach nutzbar.

Soweit scheint das Ganze zu funktionieren.

Vergleicht man Kosten der gewerblichen Anbieter mit den Uber-Fahrern, fragt man sich, wo sich die Kosten bei dem neuen Geschäftsmodell verstecken.

Wo fallen die operativen Kosten an? Die Uber-Mitglieder tragen alle Kosten plus den Anteil der an Uber abgeführt werden muss. Die Kosten bei Uber beschränken sich auf den Betrieb der Webseite und das Marketing.

Wie wird die private Mitnahme eigentlich versteuert? Auch wenn nur kostendeckend gefahren wird, entsteht ein Geldfluss zwischen Kunde und Fahrer, der steuerpflichtig ist. Wie kann der Umsatz ohne Taxameter überhaupt nachgewiesen werden?

Wer bezahlt für die erhöhte Unfallwahrscheinlichkeit eines „professionellen“ Uber-Fahrers? Am Ende trägt die Gemeinschaft der Versicherten die Schadenskosten, die durch die zusätzlichen Fahrleistungen entstehen.

Und wer bezahlt die Personalschäden, die im Rahmen einer Beförderung anfallen? Das beginnt bei Verletzungen, die durch schadhafte Fahrzeuge (z.B. scharfe Kanten) entstehen. Das endet nach einem Unfall, bei dem Fahrgäste schwer verletzt werden, bleibende Schäden davontragen oder, im Todesfall, eine zu versorgende Familie hinterlassen. Auch hier werden die Kosten auf die Schultern der Sozialgemeinschaft verteilt.

Am Ende ist der Fall von Uber ein gutes Beispiel dieser neuen Wirtschaft des Teilens, in der Geschäftsmodelle darauf abzielen, Gewinne zu privatisieren und Kosten zu sozialisieren.

Fazit: Mit dem Internet werden durch die Hintertür Geschäftsmodelle eingeführt, die vorbei an gültigen gewerblichen Regeln bis hin zu Gesetzen Dienstleistungen anbieten. Gleichzeitig nutzen sie die sozialen Systeme aus, indem sie ihre Beiträge nicht leisten – z.B. Versicherungen, Steuern, Mitarbeiterleistungen. Möglich werden diese Geschäfte durch eine entsprechende Sharing-Rhetorik, die den Tauschhandel der Vergangenheit monetarisiert – schließlich erhalten die Anbieter immer ihren Anteil in der entsprechenden Währung. Am Ende gibt es eben nichts zu teilen ohne Geld.