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Danach ist davor

Entfernung ist ein Begriff, der gefühlt eher dem Abstand zwischen der Erde und Sagittarius A (26.5000 Lichtjahre) als der Distanz zwischen Peking und Duisburg entspricht. Über die Kommunikationsnetze sind wir mit jedem Punkt der Erde in nahezu Echtzeit verbunden. Seit 1970 hat sich das Passagieraufkommen bei Flügen weltweit auf über 4 Millionen pro Jahr mehr als verzehnfacht. Leute pendeln heute eine Stunde zur Arbeit mit Kurzstreckenfliegern oder mit dem ICE oder mit dem Nahverkehrssystem. Anders gesagt wir stehen weitreichend über Grenzen hinweg in Kontakt, die sich früher so unerreichbar angefühlt haben, wie heute der Mond. In so einer Welt wirken die politischen Grenzen anachronistisch. Viren verbreiten sich in kurzer Zeit rund um den Erdball über Staatsgrenzen hinweg. Weder markige Sprüche noch Grenzschließungen verhindern das gemeinsame Schicksal. Und wenn die eine Welle vorbei ist, kommt eine andere. Denn danach ist davor.

Der Blick auf mögliche Risiken soll nicht in das Horn der Dystopien stoßen und verunsichern, sondern uns vor Augen führen, dass wir mit solchen Effekten in Zukunft anders umgehen müssen, da wir uns weitere Shutdowns nicht mehr leisten können.

  • Natürliche Risiken
    Weltweite Risiken werden in der Natur eher selten erwartet und gelten als lokal bewältigbar – eigentlich. Die aktuelle Viruskrise zeigt uns, dass diese kritischen Situationen sich an keine Grenzen halten oder nur auf bestimmte Kulturen beschränkt sind. Die derzeitigen Antworten der Experten und Politiker konzentrieren sich auf kurzfristige Ziele. Bei den Entscheidungen werden weder mögliche Kollateralschäden in die Waagschale geworfen noch deren langfristigen Auswirkungen berücksichtigt – vor allem nicht die Menschenleben, die zusätzlich durch die Maßnahmen zu Schaden kommen.
    Und was passiert, wenn als Nächstes einer der Megavulkane ausbricht und das Weltklima in kürzester Zeit kippt? Oder wenn ein Tsunami eines der weltweiten Wirtschaftszentren flutet und die Wirtschaft in der Zeit danach langfristig kollabiert? Und wer glaubt, dass wir uns gegen alle Eventualitäten absichern können, der sollte sich zuerst einmal die dafür erforderlichen Aufwände vor Augen führen.
  • Politische Risiken
    Eine der Auswirkungen von natürlichen Desastern werden politische Gefahren sein. Die gesellschaftlichen Systeme werden durch die Unzufriedenheit der Bevölkerung instabil. Wenn schon beim Toilettenpapier die Panik ausbricht, stellt sich die Frage, was wir machen, wenn es richtig ernst wird, wenn es nichts mehr zu essen und trinken gibt, weil die eingefahrenen Logistikwege nicht mehr funktionieren und die lokalen Versorger im Wettbewerb mit anderen Ländern untergegangen sind. In einer Mangelwirtschaft entsteht zu allererst der Schwarzmarkt, in dem sich nur noch Wohlhabende die Preise leisten können. In dem Bestreben die Kontrolle zu behalten wird der Staat die heutigen technischen Möglichkeiten, die wir aus China bereits kennen, auch nutzen. Und die politischen Kräfte, die den Umsturz wollen, werden sich durch den Schwenk zum Überwachungsstaat gestärkt fühlen, was zu immer mehr Terroranschlägen von links und rechts führen wird. Allerdings gilt wie immer: Aufpassen, was man sich wünscht. Die Grundlagen für das, was da kommt, hat die Politik und das Wahlvolk in den vergangenen zehn Jahren vorbereitet.
  • Technologische Risiken
    Ein sehr scharfes Damoklesschwert ist unsere Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Noch hat keiner den einen Schalter gefunden, um das weltweite Netz zu stoppen. Allerdings gibt es immer mehr Schadsoftware, die alle Ebenen der IT angreift. Außerdem könnten natürliche Desaster entsprechendes Leisten – z.B. ein Sonnensturm oder Meteoriteneinschlag. Die Folgen eines Zusammenbruches sind unvorstellbar. Notstromaggregate helfen in diesen Fällen nicht. Es gibt heute nichts, was nicht von dem Internet abhängt: Wasserwerke, Stromnetze, Krankenhäuser, Mobilität, Logistik jeglicher Art, Produktion von Gütern und Lebensmitteln, Kommunikation, oder die öffentlichen Behörden. Ein Zusammenbruch des Internets wird uns ins Mittelalter zurückwerfen. Ohne dieses Nervensystem stehen innerhalb kürzester Zeit alle Wagen, Züge, Pumpen, Aufzüge und so weiter still. Es gibt keine Möglichkeit mehr sich zu verständigen – bis auf die Meldeläufer, die von einem Ort zum anderen laufen.
  • Wirtschaftliche Risiken
    Im Gegensatz zu den obigen Risiken, sind die wirtschaftlichen leichter zu bewältigen – außer für die, die von einer florierenden Wirtschaft profitieren – Banker, Wirtschaftsfunktionäre, Investoren. In den Regionen, die von den aktuellen Gewinnen sowieso nichts haben, in Afrika, Süd-Amerika und weiten Teilen Asiens, ändert sich nicht viel an dem prekären Dasein. Ihre Versorgung ist sogar sicherer als in den Ballungsräumen der Welt, die nicht mehr versorgt werden können. In den restlichen Regionen werden die Preiserhöhungen zu einem veränderten Konsumverhalten führen. Währungsschwankungen können durch nationalen oder regionalen Konsum kompensiert werden. Die Sparmaßnahmen werden das Fahrverhalten und den Energieverbrauch regeln. Für den Umgang mit Einkaufsschlangen und leeren Regalen gibt es viele Vorbilder aus der Vergangenheit. Arbeit, Arbeitszeit, Führungsstile und jeder, der sich heute von dem bürokratischen Ballast befreien möchte, wird ganz natürlich agil. Am Ende ist die Wirtschaft Teil des Problems und nicht seine systemrelevante Lösung – Sparmaßnahmen in allen Lebensbereichen, Outsourcing an die Orte, mit den billigsten Arbeitskräften und in Ermangelung kurzfristiger Profite die Entwirtschaftung von ganzen Regionen.

Fazit: Es grassiert zurzeit ein Virus, der vor allem die Alten bedroht. Im Interesse von deren Leben wird die Wirtschaft von Politikern gestoppt. Alle blicken auf die Aktienindices und freuen sich mittlerweile wieder über steigende Kurse, als käme dies den Beschäftigten und Solo-Selbstständigen zu Gute. Die Schäden, auch an Menschenleben, die durch die Shutdowns entstehen, vermeldet niemand. Der funktionierende Teil des Gesundheitssystems ist nicht das Resultat von vorausschauender Politik, sondern nur möglich durch den persönlichen Einsatz und so manchen schwierigen Entscheidungen von vielen, wirklich systemrelevanten Dienstleistern in den Krankenhäusern und in der alltäglichen Versorgung. Das Nachbeben, das durch diesen Steuerungswahnsinn vorbereitet wird, ist unvorstellbar. Und was überhaupt noch nicht thematisiert wird, ist die Frage, was kommt als Nächstes. Was lernen wir aus der aktuellen Krisenbewältigung?

  • Lösung eines einzigen Problems, ohne die Betrachtung von unerwünschten Nebeneffekten, bedroht alle. Eine ganzheitliche Bewertung der Situation ist unbedingt erforderlich.
  • Föderalistische Gesellschaften haben ungeschickt reagiert. Die Grenzen innerhalb Deutschlands oder in Europa zu schließen übersieht die Tatsache, dass bestimmte Krisen sich dadurch nicht stoppen lassen. Ganz zu schweigen von dem europäischen Zusammenhalt, der hoffentlich durch diesen Nationalismus nicht zerstört wird.
  • Politiker verweisen auf Experten, um zu entscheiden. Sollte nicht eine Taskforce aus Experten temporär die übergreifende Steuerung erhalten?
  • Die Bevölkerung braucht offensichtlich eine starke Hand, die mit Verboten und Schließungen regiert, da die Einzelnen ansonsten unbelehrbar weitermachen wie zuvor. Es bleibt abzuwarten, wie diese erweiterten Machtbefugnisse, wieder in die Normalität zurückgebracht werden.
  • Eine Krise führt auf jeden Fall zu schlimmen Konsequenzen und braucht eine Bewertung und Priorisierung aller Schäden. Medien und Politiker sollten ihr Geschäftsmodell vorerst zurückstellen und nicht noch mehr Unsicherheit in der Bevölkerung erzeugen.

Nicht jedes Land kann sich den Luxus leisten, den Laden zu schließen. Und auch wir werden es uns nicht so schnell wieder leisten können. Deshalb gilt: Danach ist davor.

 

LZB – LieferantenZufriedenheitsBefragung

Henry Ford legte Wert auf Beherrschung der gesamten Wertschöpfungskette. Er betrieb eine Kautschukplantage, um den Rohstoff für die Reifen sicherzustellen. In Nord-Michigan unterhielt er Minen, verschiffte das Eisen mit seinen Frachtern, um in der eigenen Schmelzfabrik den benötigten Stahl herzustellen. Damit hatte er 100 % Fertigungstiefe. Heutige Hersteller von Autos haben bis auf zwanzig Prozent verringert. Diese Unternehmen haben sich zu Integratoren entwickelt, die ihre Produkte zu Beginn auf Plattformen und heute aus Modulen zusammenstellen. Zwar sitzen die OEMs (Original Equipment Manufacturer) noch am längeren Hebel, aber mit zunehmender Größe und steigendem Einfluss der Zulieferer, die immer mehr Handlungsspielraum gewinnen. Dies wird absehbar die Machtverhältnisse auf den Kopf stellen und die OEMs werden vom Wohlwollen ihrer Supplier abhängen. Spätestens dann werden sich LZBs entwickeln, die herausfinden, auf was die Lieferanten am meisten Wert legen, um den OEM weiter zu beliefern.

Diese Umkehrung der Beziehung zwischen Hersteller und Lieferanten braucht neue, oder zumindest eine andere Auslegung von Zufriedenheitskriterien.

  • Angemessene Leistung
    Seit López de Arriortúa bei GM und später bei VW die Zusammenarbeit mit den Zulieferern kontaminierte, wirkt sein Erbe immer noch in Form von einseitiger Vorteilsnahme der OEMs weiter. Spätestens, wenn die Zufriedenheit der Lieferanten bzgl. des Verhältnisses von Aufwand zu Ertrag wieder an Bedeutung gewinnt, werden die Einkaufsabteilungen zu alten Werten zurückkehren – partnerschaftliche Kooperation, Win-Win und gegenseitige Unterstützung.
  • Zukunftsaussichten
    Die Vorleistungen, die auf den Kunden zugeschnitten werden, brauchen gute Aussichten für den Lieferanten, da sich ansonsten die Investitionen für die Lieferanten nicht rechnen. Die Ausrichtung der Lieferanten auf die aussichtsreichsten Firmen zwingt am Ende die nicht-kooperativen Abnehmer, sich um die externen Leistungen selbst zu kümmern. Gewinner sind die Unternehmen, die ihre Rolle als Integrator zu beiderseitiger Zufriedenheit ausüben – z.B. durch das Teilen und gemeinsame Entwickeln von Langfristprognosen.
  • Reibungslosigkeit
    Ein wichtiger Faktor ist die einfache Zusammenarbeit. Diese wird gestört durch übertriebene Verwaltung in Form von aufwendigen Abläufen und mangelnder Bereitstellung von benötigten Daten. Jeder Hersteller hat seine eigenen Anforderungen, ein Riesenheer von Ansprechpartnern und Regeln der Compliance, die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit verhindern. Dabei würden reibungslose und einfache Abläufe beiden Seiten helfen.
  • Beziehungsqualität
    Es ist bereits lange her, dass die erweiterte Unternehmung proklamiert wurde. Heute sprechen wir von Plattformen. Die Grenze des Unternehmens bestimmt nicht mehr die Beziehungen, sondern die jeweilige Aufgabe. Aus diesem Grund müssen die Mitarbeiter Wege finden, um in Eintracht vertrauensvoll und offen mit den Partnern in den Prozessschritten zusammenwirken – respektvoll, zeitnah und verbindlich.
  • Image
    In der Vergangenheit war es wichtig Hoflieferant zu sein. Dies erzeugte Ansehen, das alle anderen Geschäfte beeinflusste. Die früheren „Höfe“, die heutigen Konzerne, haben diesen Ruf verspielt, da sie ihre Zulieferer zugunsten der eigenen Bilanz bis auf den letzten Tropfen auspressen. Damit in Zukunft modulbasierte Ansätze noch überlebensfähig sind, ist es wichtig, sich das frühere Image wieder zu erarbeiten, damit es wieder etwas Besonderes ist zusammenzuarbeiten.

Fazit: Die LZB wird die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Suppliern auf neue Säulen stellen. Es muss sich für die Lieferanten wieder lohnen, auf lange Sicht für bestimmte Unternehmen zu arbeiten. Die Vermeidung von jeder Art Verschwendung durch Formalismen wird den Unterschied machen. Am Ende findet die Zusammenarbeit nicht zwischen Unternehmen, sondern zwischen Menschen statt. Und da muss die Qualität der Beziehung wieder in den Vordergrund gerückt werden, ohne bei jedem Schritt die Compliance-Karte zu ziehen. Wenn die Lieferanten noch etwas vom Image des Herstellers abbekommen, dürfte die LZB so ausfallen, dass die Zukunft für alle gesichert ist.

P.S.: Wer nicht in diese Richtung denken kann oder will, wird früher oder später seine Module wieder selbst herstellen müssen.