Archiv der Kategorie: Management

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Unbeabsichtigte Folgen verringern

Die steigende Komplexität von Aufgaben führt unausweichlich zu einer Verengung des Blickwinkels der handelnden Personen. Zunehmender Zeit- und Kostendruck verhindern den Blick über den Tellerrand. Dadurch nehmen die unbeabsichtigten Auswirkungen zu und belasten den gewünschten Effekt. Den Blick auf übergreifende Vorteile kann sich niemand mehr leisten. Gute Beispiele finden sich in der Politik – wenn Klimaschutz die Flächen für Windräder vom Naturschutz erstreiten muss; wenn die Gesundheit der Verbraucher durch den großflächigen Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft gefährdet wird; wenn Stromleitungen durch Anrainer verhindert werden; wenn der Verkehr nicht umgeleitet werden kann, weil dadurch andere Nachteile entstehen; wenn temporäre Beschäftigungsmodelle und die Förderung des Niedriglohnsektors das Armutsrisiko heute und in Zukunft ansteigen lassen. Die gesellschaftliche Weiterentwicklung wird durch Interessen von Wenigen verhindert. Auf diese Weise entziehen sich die beteiligten Parteien gegenseitig eine wünschenswerte Zukunft.

Um sich den Gestaltungsspielraum zu sichern, müssen die Auswirkungen von Maßnahmen frühzeitig erkannt und bearbeitet werden – seien sie beabsichtigt oder nicht oder noch nicht einmal die direkte Folge des Tuns. Durch sich ergebende oder gestaltete Aktivitäten beeinflussen sie die handelnden Personen, die ausgewählten Zielgruppen oder unvorhergesehene Dritte, d. h. alle. Die Schwierigkeiten entstehen dabei aus fehlendem Weitblick und dem fehlenden Bewusstsein bzgl. der auftretenden Schwachstellen, die da sind:

  • Der fehlende Überblick
    Er ergibt sich einerseits aus der Güte der zur Verfügung stehenden Daten, die, in Ermangelung von aktuellen Daten aus der Zukunft, überwiegend aus der Vergangenheit in die Zukunft extrapoliert werden. Andererseits machen die Menge und die Komplexität des vorhandenen Wissens sowie der sich ergebende Schmetterlingseffekt es unmöglich, verlässliche Voraussagen zu treffen.
  • Das Verharren in alten Lösungen
    Die Gewohnheit Altes zu kopieren und undurchdacht wiederzuverwenden führt zu Lösungen, die nicht mehr zu den aktuellen Gegebenheiten passen – wie die Verwaltungsaufgaben, die weiterhin papierbasiert stattfinden.
  • Das Ausblenden von bestehenden Interessen
    Die Erwartungen von Einflussgruppen bleiben unberücksichtigt und beeinflussen trotz allem die Ergebnisse – sobald man vor allem die entscheidenden Betroffenen nicht beteiligt.
  • Die kognitiven Verzerrungen der Beteiligten
    Die Tendenz der Akteure, die eigenen Ziele über die des Gesamten zu stellen, führt zu Verzerrungen, die das Ergebnis belasten – wenn die Beteiligten sich nicht aneinander ausrichten.

Um die Schwachstellen in den Griff zu bekommen, braucht es die bewusste Beschäftigung mit der Aufgabe. Dabei reicht es bereits, die folgenden Schritte zu durchlaufen.

  • Die Ausgangslage mit den Betroffenen erarbeiten, damit alle eine gemeinsame Sicht haben.
  • In kurzen Worten den Zweck beschreiben, um den Beteiligten die Raison d‘être zu vermitteln.
  • Einen Schnappschuss der gewünschten Zukunft bei allen verankern, damit sie selbstständig stimmig agieren können.
  • Ein umfängliches Vorgehen vorbereiten, das pragmatisch beschränkende Ansätze mit ihren unerwünschten Überraschungen verhindert.
  • Sobald die Aktivitäten vorbereitet sind, sollten sie quergecheckt werden: Sind die Akteure bekannt? Ist der Zweck beschrieben? Passen die Gegebenheiten? Stimmen die geplanten, sichtbaren Handlungen?
  • Wird jetzt noch bei der Durchführung aufmerksam nach weiteren Einflüssen gesucht, sollten unbeabsichtigte Folgen seltener auftreten und erkannte Stolpersteine frühzeitig aus dem Weg geräumt sein.

Fazit: Die heutige Art zu arbeiten führt dazu, dass weder die Zeit noch die Mittel bereitstehen, um über den Tellerrand hinauszuschauen. Dadurch bleiben bedrohliche Überraschungen erst mal unerkannt und können nicht zu einem frühen Zeitpunkt behoben werden. Um diese unbeabsichtigten Folgen besser zu beherrschen, ist es empfehlenswert, sich mit den oben genannten Gesichtspunkten zu beschäftigen: die Gegebenheiten klären; den Zweck greifbar machen; die Vision formulieren; das Vorgehen flexibel halten; die Stimmigkeit der Maßnahmen checken und schließlich alles aufmerksam abarbeiten. Daneben gelten weiter die Anforderungen einer zeitgemäßen Steuerung – klare Ziele, definierte Rollen, festgelegte Zeit- und Kostenbudgets, usw. Betrachtet man ALLE obigen Elemente, dann sollten die unbeabsichtigten Folgen sich verringern.

Fliegen lernen

Nachdem alle mit allen latent in Verbindung stehen und fortwährend Daten austauschen, müssen wir uns mit zu viel von zu vielen beschäftigen. Pro Minute werden fast 200 Millionen E-Mails versendet, 50 Millionen Messages verschickt und mehr als sechs Stunden Videos auf Youtube hochgeladen. Fast ein Drittel der Weltbevölkerung nutzt Facebook, 2 Milliarden Youtube und sogar über 300 Millionen LinkedIn. Der Ruf nach mehr Informationen hält immer noch an, obwohl die Anwender sich auf der Suche nach Filtern befinden, die die steigende Menge an Daten in den Griff bekommen sollen. Gleichzeitig werden die Informationsblasen als störend empfunden. Wir brauchen einen neuen Blickwinkel, der uns erlaubt den Überblick zu bewahren.

Am Ende geht es darum, angemessene Aktivitäten auszulösen, die einen weiter bringen in Richtung der gewünschten Zukunft. Die folgenden Aspekte schaffen eine neue Perspektive.

  • Dynamik akzeptieren
    Je mehr Daten innerhalb eines Moments auf einen einprasseln, desto volatiler werden die Erkenntnisse, die man daraus ableiten kann. Inwieweit wissenschaftliche Untersuchungen in der Lage sind, rechtzeitig Aussagen zu generieren, bevor sich die Bedingungen weiter verändern, wird sich zeigen. Schon heute können viele Ergebnisse nicht umgesetzt werden, da zu viele Studien erstellt werden. Gleichzeitig gilt: Traue keiner Untersuchung, die du nicht selbst erstellt hast.
    Um sich weiterhin Entscheidungsfreude zu bewahren, muss man die VUCA-Welt akzeptieren und sich wieder eine eigene Meinung bilden. Eigene Gedanken und Erklärungen zu entwickeln, die sich unentwegt an die sich verändernden Gegebenheiten anpassen, ist die Maxime, um nicht durch statisches Denken zurückzufallen.
  • Alles beginnt bei einem selbst
    Normalerweise werden Erklärungen im ersten Schritt im Umfeld gesucht. Es ist niemand eine Insel, was dazu führt das externe Einflüsse stetig stattfinden. Zu einer umsichtigen Untersuchung gehört immer die Betrachtung der externen Einflussfaktoren (z. B. STEP). Die gesellschaftlichen, technologischen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen bestimmen den Handlungsspielraum. Beschränkt man sich jedoch darauf, dann ist man zu kurz gesprungen. Es sind die eigenen Vorstellungen und Überzeugungen, die zumeist unbewusst wirken.
    Es ist sowieso schwerer Veränderungen im externen Umfeld zu erreichen, als bei einem selbst. Bevor man beginnt die Welt verändern zu wollen, ist es leichter sich zu ändern – sobald man sich die Grenzen bewusst gemacht hat. Die eigenen Einstellknöpfe müssen nur aktiviert werden, indem man umdenkt – von der Verantwortung der Anderen zur eigenen.
  • Das Ganze überschauen
    Mehr Daten bedeutet immer auch mehr Details, die meistens nicht zueinanderpassen. Nachdem man einen Wald betreten hat und der Fauna und Flora immer näherkommt, zeigen sich immer mehr Feinheiten. Setzt man sich mit den einzelnen Aspekten auseinander, geht der Zusammenhang verloren und der Wald verschwindet hinter dem einzelnen Baum, Busch oder Moos. Rettet man einen Busch, so hat das ohne Maßnahmen für den Wald als Ganzen, wenig Effekt. Das Gleiche gilt für die täglichen Aufgaben, die je feiner sie aufgesetzt werden, desto weniger bewirken sie für die übergreifende Einheit.
    Betrachtet man den Wald als Ganzes, indem man ihn aus einem Helikopter heraus betrachtet, dann lassen sich Beziehungen erkennen und Gruppen bilden. Maßnahmen, die auf dieser Flughöhe aufgesetzt werden, bringen dem Ganzen weit, als die detaillierte, endlose Beschäftigung mit Feinheiten. Wir müssen wieder weg vom Teil hin zum Ganzen.
  • Das Überleben sicherstellen
    Die Wirtschaft hat in den letzten Jahrhunderten gelernt, groß zu denken. Damit man sich das Große leisten kann, haben die Entscheider gelernt, Entscheidungen auf Kosten der Zukunft zu fällen. Die erwirtschafteten Mittel fließen in die Erweiterung des Geschäfts mit der Annahme, dass Wachstum die Zukunft absichert. Das ist ähnlich, wie bei einem Schneeballgeschäft, in dem die aktuellen Gewinne, die Schulden der früheren Geschäfte begleichen. Dieses kurzfristige Denken sichert die Prämien der Entscheider, die weiterziehen, bevor die Konsequenzen ihrer Entscheidungen das Unternehmen erreichen.
    Damit das Geschäft für alle Beteiligten erhalten bleibt, braucht es Maßnahmen, die das Überleben sicherstellen – Theorie-Y Menschenbild, organisatorische Fitness, langfristige Kooperationen, Minimum Viable Produkt (MVP). Weg vom Wachstumsdenken, hin zur Viabilität.

Fazit: In Zeiten der alternativen Fakten (Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast) drängt sich die Frage auf, wie man noch Entscheidungen treffen kann, obwohl die Grundlagen der Beschlüsse sich auflösen. In diesem Zusammenhang bietet sich Systemdenken an. Dafür müssen wir a) die Dynamik akzeptieren, b) verstehen, dass vor allem wir verantwortlich sind, c) unsere Aufmerksamkeit vom Teil aufs Ganze umleiten und d) den Schwerpunkt vom Wachstum auf Viabilität verschieben. Dies bedeutet für die vielen Detailversessenen, sich von ihren Fakten zu lösen und fliegen zu lernen.