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Bürokratie verhindert

Die Herrschaft der Verwaltung ist eine eigentlich veraltete Form, um ein Unternehmen zu lenken – mit sachlichen, formalen, geregelten, nachweisbaren und verteilten Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten (AKV). Mit ausreichend Zeit, um die Routinen zu entwerfen, zuzuordnen und einzuführen, sprich schulen, verhalten sich Unternehmen wie Maschinen. Mit der Zeit werden Schwächen ausgemerzt sowie der Ablauf und die Güte des unternehmerischen Beamtentums verbessert, um immer zuverlässiger die gewünschten Ergebnisse zu liefern. Mit der digitalen Transformation und der damit einhergehenden Beschleunigung werden auch die letzten Beamtenapparate feststellen, dass sie damit jeden wirtschaftlichen Wettbewerb verlieren, weil Bürokratie die Arbeitsstile verhindert, die künftig den Erfolg ausmachen.

Zu diesem Zweck schauen wir uns die ‚neuen‘ Anforderungen an.

  • Digitalisierung
    Die stimmige Anpassung aller Teile des Geschäfts an die Virtualität ist der Kern der Digitalisierung. Die Abläufe der Zukunft finden in der IT statt. Die Daten werden von einer leistungsfähigen Software (manchmal Künstliche Intelligenz genannt) selbstständig verarbeitet. Maschinen produzieren nicht nur Erzeugnisse, sondern auch Dienstleistungen. Selbst persönliche Aufgaben sind automatisierbar (z. B. automatisiertes Beschwerdemanagement).
    Die durch die Computer entstehende Beschleunigung wird dann möglich, wenn die bürokratischen Prüf- und Entscheidungspunkte schnell und ohne gestufte Befehlsketten sofort am Ort des Geschehens stattfinden.
  • Kundenorientierung
    Der heutige Kunde ist oft besser informiert als die Ansprechpartner eines Unternehmens. Damit sind sie besser vorbereitet und haben immer spezifischere Wünsche, die im Rahmen einer ‚bürokratischen‘ Produktentwicklung nicht berücksichtigt wurden. Wenn das Top-Management es ernst meint mit ihrer Kundenorientierung, dann steht alles andere hintenan, wenn der Kunde einen Wunsch äußert. Ist die Schnittstelle zum Kunden bereits digitalisiert, dann müssen es die Programme schaffen, den Kunden trotz seiner besonderen Anforderungen zufriedenzustellen.
    Bereits vor der digitalen Transformation haben es Unternehmen verstanden, den Kunden mit seinen Wünschen in den Mittelpunkt zu stellen – jeder Angestellte mit Kundenkontakt im Ritz-Carlton darf ohne Absprache mit einem Vorgesetzten bis zu 2.000 $ ausgeben, um Kundenwünsche zu befriedigen.
  • Produkt- und Dienstleistungsinnovation
    Viele Neuerungen wurden zufällig gefunden – z. B. Penicillin, Post-Its oder Teflon. Nicht der vorbereitete Ablauf schafft die Idee, sondern ein Impuls, der unerwartet aus dem Nichts das Heureka bei jemand auslöst. Stellen wir uns den alltäglichen Ärger, dass einem die Zettel aus dem Gesangbuch fallen, sowie einen Kollegen vor, der einen Kleber entwickelt, der einfach nicht dauerhaft klebt – und schon haben wir Klebezettel in beliebiger Größe und Form.
    Diesen Gedankenblitz kann man nicht verordnen oder entsprechend eines Zeitplans erwarten. Wenn dann noch die Idee einer bestimmten Regel folgend beschrieben, eingereicht und verabschiedet werden muss, erstickt jegliche Fantasie.
  • Selbstorganisation
    Der Ersatz der Befehlskette ist die Selbstorganisation. Jeder Mitarbeiter soll intrinsisch motiviert als Unternehmer im Unternehmen agieren und mehr Wert erzeugen als vorher. Die Grenzen entscheiden die Mitarbeitenden für sich obwohl erwartet wird, dass diese Grenzen großzügiger ausgelegt werden, als sie jemals von einem Vorgesetzten vorgegeben werden könnten. Nicht zu vergessen die eingesparten Führungskräfte, die man ja nicht mehr benötigt, wenn alle sich selbst führen.
    Vergessen wird, dass neue Entlohnungs-, Berichts- und Führungssysteme erforderlich werden, damit jenseits der Bürokratie, die Mitarbeiter in die Lage versetzen, sich selbst zu steuern – durch die Bereitstellung von unbürokratischer Unterstützung, wie z. B. einer anpassungsfähigen IT, schnell verfügbaren Mitteln und einer offenen Unternehmenskultur.
  • Globalisierung
    Die Welt ist das Spielfeld, in dem sich die Geschäfte heute durchsetzen müssen. Dies erfordert ein Mindset, dass sich an die jeweilige Region oder das jeweilige Land anpasst. Ein wie auch immer gearteter Beamtenstamm wird nicht in der Lage sein, eine Bürokratie zu entwickeln, die überall passt.
    Unterschiedliche Sprachen, Rituale und Verhaltensweisen lassen sich nicht in ein konsistentes System zusammenfassen, weil eine sinnhafte Übersetzung in alle Sprachen nicht möglich ist; die Rituale sich an der lokalen Gesellschaft und den Religionen orientieren; das angemessene Verhalten oft widersprüchlich ist.
  • Qualität
    Sobald eine Bürokratie die Führung übernimmt, fühlen sich die Mitarbeiter nicht mehr verantwortlich ihr Bestes zu geben, sondern nur noch die Vorgaben zu erfüllen. Mitdenken würde immer wieder die Regeln infrage stellen. Dadurch können die Mitarbeitenden einen Ablauf nicht beschleunigen, obwohl es möglich wäre. Es geht jedoch nicht, weil der vorgegebene Ablauf bestimmte Umwege fordert. Ein Kundenwunsch lässt sich nicht umsetzen, weil die Vorgaben klar regeln, was die Kunden zu kaufen haben. Die Mängel am Produkt entstehen, wenn der Vollzug einer Aufgabe wichtiger wird, als die entsprechende Güte.
    Die Vorgaben bestimmen, was genau zu tun ist, welche Güteklassen erreicht werden müssen, und wie lange man sich damit beschäftigen soll. Wenn dann noch die erforderliche Arbeitszeit passt, hat man seine Pflicht erfüllt – obwohl noch Ideen für mehr da wären.

Fazit: Ein klarer Indikator für die Fähigkeit neue Arbeitsformen und Strukturen zu nutzen, ist der Status der eigenen Bürokratie. Solange ein Ergebnis auf Basis von Formalismen und Formaten geprüft wird und neue Ideen dabei ignoriert werden, wird man in absehbarer Zeit Schwierigkeiten bekommen – man wird nicht mit der Geschwindigkeit der Digitalisierung mithalten können; wirkliche Kundenorientierung wird ein Traum bleiben; Neuerungen werden nur mit viel Aufwand und externer Unterstützung möglich; selbstorganisierte Teams werden sich nach kurzer Zeit auflösen; im globalen Wettbewerb wird man nicht mehr mithalten können; die Qualität wird unbemerkt immer schlechter. Natürlich nur, wenn man es nicht schafft, sich von seiner Bürokratie und deren Vertretern zu lösen. Denn: Bürokratie verhindert

Vergleiche, die über-treiben

Alles Lebendige zieht seine unerlässliche Energie aus der Umgebung – die lebensnotwendige Nahrung und Flüssigkeit werden aufgenommen. Diese Vorräte werden intern verteilt und im laufenden Betrieb für unterschiedliche Aufgaben verbraucht. Sobald die Bestände einen bestimmten Füllgrad unterschreiten, ist die erneute Energiezuführung unausweichlich und der Kreislauf beginnt von vorne. Die benötigte Menge wird bestimmt durch die Größe des Körpers, die Anzahl der Verbrauchsstellen und die angestrebte Stärke. Für die aktuell nicht benötigten Bestände werden Depots angelegt, die angezapft werden, wenn von außen keine zeitnahe Versorgung möglich ist. Diese Zwischenspeicher erfordern auch Energie, um verfügbar zu bleiben. Es gibt Mechanismen, wie das Sättigungsgefühl,  die die übertriebene Zufuhr regeln. Allerdings leben wir heutzutage in einer organisierten Welt des Überflusses. Natürliche Sättigungsgefühle gehen verloren. Und wenn wir dann uns noch mit Anderen vergleichen, treibt das einen über die Grenzen des Benötigten hinweg.

Dadurch sind Vergleiche schädlich für eine ausgewogene Aufnahme von Energie. Schauen wir uns mal drei derartige Bereiche an.

  • Besitz
    Der materielle Besitz lässt sich am einfachsten vergleichen – meine Häuser, meine Flugzeuge, meine Boote, meine Autos. Den 0,1% der Weltbevölkerung gehören 80% des Finanzvermögens. Allerdings liegt dieses Vermögen im virtuellen Raum. Es braucht nur eine ausreichend große Krise, um diese Werte verpuffen zu lassen. Die über 99% verlieren dann zwar auch, aber nur ihren Teil der restlichen 20%, die sich auf fast sieben Milliarden Menschen verteilen. Bei 172,5 Billionen Euro Vermögen weltweit bedeutet das, dass sich 34,5 Billionen Euro verteilen auf ca. 7 Mrd. Menschen, d.h. durchschnittlich pro Kopf Vermögen 4.500 Euro der 7 Milliarden versus 18.000.000 Euro der 0,1%.
  • Reputation
    Eine Studie aus den USA zeigt, dass jenseits von 75.000 US$ Jahreseinkommen das Wohlbefinden nicht weiter zunimmt. Sind materielle Dinge nicht mehr von Bedeutung, dann bieten Anerkennung, Wertschätzung und Renommee eine gute Möglichkeit sich mit anderen zu vergleichen. Die Reputation ergibt sich aus hervorstechenden wissenschaftlichen Beiträgen, durch einen besonderen moralischen Ruf oder ein leidenschaftliches Image sowie durch ein außergewöhnliches soziales Engagement. Ein gutes Beispiel ist die Philanthropie, die private Wohlfahrt, die sich vor allem dort entwickelt hat, wo der Staat keine entsprechende Verantwortung übernimmt. Damit diese Vergleiche sichtbar werden, gibt es entsprechende Listen.
  • Leistungsfähigkeit
    Leistungsvergleiche lassen sich in allen Bereichen und Schichten der Bevölkerung durchführen – z. B. finanziell, beruflich, spirituell, geistig, körperlich, partnerschaftlich, emotional und künstlerisch. Die Entwicklung zu Straßenpanzern wurde sicherlich angeheizt durch den nachbarschaftlichen Wettkampf um den größten. Die Rivalitäten im Berufsleben beginnen, wenn man in der ersten Anstellung das eigene Fortkommen mit Anderen und deren Fortschritt vergleicht. Die Inbrunst des eigenen Glaubens bestimmt man sich durch regelmäßige Teilnahme an religiösen Ritualen und dem Engagement bei der Missionierung von Andersgläubigen, sodass man in der Schlange zum Seelenheil vor den Mitbewerbern steht. Oder nehmen wir als letztes Beispiel jede Art von körperlicher Fitness, die durch regelmäßiges Training, den eigenen Körper in eine bessere Form bringt als den der Bekannten.

Fazit: Der Vergleich ist ein wesentlicher Brandbeschleuniger für den Konkurrenzkampf in allen Bereichen des Lebens. Dabei ist ein gewisser Wettbewerb hilfreich, den eigenen Schweinhund zu überwinden. Allerdings haben die verschiedenen Triebfedern keinen Punkt, an dem das Sättigungsgefühl eintritt, was dazu führt, dass die Einzelnen es übertreiben. Diese Zeloten geben sich nicht mit dem zufrieden, was sie besitzen, darstellen oder leisten. Das Ergebnis sind die Auswüchse, die Extremismus in allen Bereichen erzeugen. Auslöser sind überwiegend die alltäglichen Benchmarks, die uns bewusst oder unbewusst vorantreiben. – Vergleiche, die über-treiben.