Archiv der Kategorie: Management

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Zutaten eines Netzwerkes

Mit dem neuen Jahrtausend ist eine neue Sphäre der Beziehungen zueinander entstanden – das Internet. Damit sind die materiellen Hürden für Kontakte weiter gesunken. Unternehmen wie Facebook & Co. schaffen die Grundlage, um sich über nationale und geografische Grenzen hinweg zu vernetzen. Allein in Facebook haben sich über 2 Milliarden Nutzer registriert. Die sozialen Netze benennen die Nutzer unterschiedlich – Freund, Follower, Kontakt, Abonnent. Die Beziehungen werden meistens mittels Einladung und Bestätigung hergestellt. Aufgrund dieser neuen Möglichkeiten ist es hilfreich, sich bewusst zu machen, was die Zutaten eines Netzwerks sind.

Neben den Angeboten eines Netzwerkes ergibt sich seine Komplexität aus der Menge von Akteuren und der Anzahl von Beziehungen.

Akteur (Knoten)
Die handelnde Einheit in einem Netzwerk ist der Akteur, oder auch Knoten. Dies können einerseits Individuen und Gruppen sein oder mittlerweile sogar automatisierte Aktoren in Form von IT-Programmen. Die Wirkung eines Netzwerkes entsteht durch die Vielfältigkeit der Akteure, die zusammen das Netzwerk ausmachen. Dieses System lebt von den Interessen und den sich ergebenden Lösungen, Entscheidungen und Umsetzungen. Damit die Akteure in der Lage sind sich zu beteiligen, müssen sie ihre Umwelt wahrnehmen, die gemachten Beobachtungen in ihre Denkmodelle integrieren, sich dann miteinander austauschen und bereichern, sowie mit Initiativen auf die Welt einwirken. Die Akteure lassen sich auf ein paar grundlegende Typen reduzieren.

  • Reaktive Akteure handeln in einer Situation instinktiv und ohne zu überlegen.
  • Vorausschauende Akteure durchdenken eine Situation und folgen dann vorbereiteten Plänen und Absichten.
  • Geschäftliche Akteure mischen spontanes Reagieren mit geplantem Handeln.
  • Nüchterne Akteure bewerten zusätzlich die Situation und agieren dann geschäftlich.
  • Altruistische Akteure bewerten die soziale Verträglichkeit und verhalten sich entsprechend.
  • Autonome Akteure sind softwaregestützte Lösungen, die einfache Regeln und Pläne ausführen.

Bei der Betrachtung eines Netzwerkes ist es wesentlich, über eine Liste aller Akteure und deren Erwartungen zu verfügen.

Beziehung (Kante)
Die Verbindung zwischen den Akteuren ist die Beziehung, oder auch Kante. Sie wird genutzt, um zwischen den Handlenden materielle und immaterielle Dinge, wie Artefakte, Daten, Informationen und Wissen, auszutauschen sowie gemeinsam Ergebnisse zu erzeugen. Die Stärke der Beziehung ergibt sich aus der gegenseitigen Verbindlichkeit, dem Vertrauen, den wechselseitigen Vorteilen und der gemeinsam verbrachten Zeit. Es lassen sich vier unterschiedliche Arten von Beziehungen erkennen.

  • Unterstützende Beziehungen liegen dann vor, wenn die Akteure sich hilfsbereit, entgegenkommend und wohlwollend zueinander verhalten.
  • Ablehnende Beziehungen werden sichtbar, wenn die Beteiligten abgeneigt, zurückweisend und missbilligend miteinander umgehen.
  • Gleichgültige Beziehungen existieren, wenn die Betroffenen desinteressiert, nüchtern und distanziert sind.
  • Keine Beziehung bedeutet, dass Personen keinen Kontakt miteinander haben.
  • Ambivalente Beziehungen bestehen, wenn die Akteure zufällig zwischen den vorherigen hin und her.

Die bewusste Einordnung der Beziehungen ermöglicht die gezielte Steuerung des Netzwerkes.

Netzwerk an sich
Die Summe der Akteure und Beziehungen ergeben ein Netzwerk, oder auch System. Es verfolgt einen Zweck, hat einen klaren Aufbau und verfügt über gewisse Abläufe. Bei Baum-, Ring- oder Linienstrukturen hängen Akteure in einer Reihe hintereinander. Erst eine Vermaschung macht das Netz aus – d.h. Akteure sind mit mehreren Akteuren verbunden. Überschreitet ein Netzwerk eine bestimmte Größe, entwickeln sich Sub-Netze oder ganz neue Netzwerke.

  • Der Zweck eines Netzwerkes wird beschrieben durch die Erwartungen der Stakeholder, die abgeleitete Strategie und den langfristigen Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen.
  • Der Aufbau des Netzwerkes ergibt sich aus den Akteuren und Beziehungen sowie den Aspekten der Governance, der Verteilung der Macht, der Leitung und der Innen- und Außendarstellung.
  • Die Abläufe eines Netzwerkes sind bestimmt durch die Zusammenarbeit, den sozialen Umgang miteinander, das ausgewogene Geben und Nehmen sowie die Wirkungen und deren Qualitäten, die sich ergeben.

Der Zusammenhalt des Netzwerkes bietet allen Beteiligten einen großen Nutzen.

Fazit: Das Gefüge, das in Zukunft die Geschäftswelt beherrschen wird, ist das Netzwerk – offen, dynamisch und komplex. Die Schwierigkeiten in einer VUCA-Welt sind die schwer zu überschauenden Wechselwirkungen zwischen den Bestandteilen – den Akteuren, Beziehungen und den sich ergebenden Netzwerken. Es reicht nicht mehr, interne Aufbau- und Ablauforganisationen aufzubauen. Es sind Fähigkeiten erforderlich, um mit der Dynamik von übergreifenden Netzwerken umgehen zu können – ganzheitliches Denken, kritisches Denken und Veränderungskompetenz. Zu diesem Zweck ist es hilfreich, sich so früh wie möglich ein Verständnis für die Zutaten eines Netzwerkes zu verschaffen.

Es ist nicht immer ein Problem – für Jeden

Die entscheidende Frage ist nicht, ob Auffälligkeiten ein Problem sind, sondern für wen und ab wann. Der Startpunkt einer Problemlösung ist der Moment, indem ein Sachverhalt von jemandem zu einem Problem erklärt wird. Das Beispiel für den geschickten Umgang mit Problemen ist bekannt geworden durch das Produktionssystem von Toyota. Hier können Mitarbeiter die Fertigungsstraße anhalten, wenn sie einen Fehler bemerken, der nicht sofort gelöst werden kann. Dies setzt natürlich das entsprechende Verständnis voraus, was ein Fehler ist, und dass die Abweichung wahrgenommen wird und sich Mitarbeiter zuständig fühlen. Es beginnt bereits bei kleinen Dingen. Ein zerbrochener Bleistift ist zwar nicht mehr komplett, aber funktioniert noch. Nicht alle stören sich an dem Makel, solange man damit schreiben kann. Und selbst, wenn ein Sachverhalt als Problem angesehen wird, heißt das noch nicht, dass sich jemand dafür zuständig fühlt und sich darum kümmert. Es ist eben nicht immer ein Problem – für Jeden.

Ein Problem muss zuerst die Wahrnehmungsschwelle der Beteiligten überschreiten, bevor sie sich darum kümmern können. Die Höhe hängt von allgemein bekannten Einflüssen ab.

  • Einfluss von Stereotypen
    Allgemeine Kennzahlen sollen normalerweise das frühzeitige Erkennen von Problemen ermöglichen. Die Verarbeitung der Kenngrößen wird jedoch durch Zusatzinformationen, wie beispielsweise lebhafte Stereotype, so verzerrt, dass diese mehr Gewicht haben, als die sachlichen Messungen. Liefert jemand die Messwerte, der einen unzuverlässigen Ruf hat, dann werden sie weniger beachtet, als wenn sie von einer respektierten Person kommen. Entsprechend werden nicht alle Probleme zu Problemen.
  • Einfluss von Stimmungen
    Erfahrungen graben sich tief in unser Unterbewusstsein ein. Jedes Mal, wenn sich etwas wiederholt, verstärkt sich dieser emotionale Anker, ohne dass wir es bemerken. Treffen wir auf eine ähnliche Situation, dann aktivieren sich diese Gefühle und beeinflussen unsere Einschätzung. Ist ein bestimmter Sachverhalt bereits öfter aufgetreten, ohne dass man Schaden genommen hat, kann das dazu führen, dass der bemerkte Sachverhalt nicht als Problem erkannt wird. Entsprechend werden nicht alle Probleme zu Problemen.
  • Einfluss von ähnlichen Sachverhalten
    Eine Einschätzung findet nie alleine aufgrund des vorliegenden Falles statt. Es werden automatisch ähnliche Situationen berücksichtigt. Die Ähnlichkeit ist eine Frage der Inhalte, der handelnden Personen und des sonstigen Kontextes. Sobald man seine Benchmarks gefunden hat, richtet man sich an den Schlüssen und Ergebnissen dieser Vergleichsfälle aus. Ist schon tausendmal nichts passiert, wenn die Signallampen rot leuchten, dann wird auch dieses Mal nichts passieren. Entsprechend werden nicht alle Probleme zu Problemen.
  • Einfluss von Überzeugungen
    Die Betrachtung einer Situation wird natürlich auch durch die eigenen Überzeugungen und mentalen Erklärungsmuster mitgestaltet. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Menschen ihre eigenen Werte und Schlussfolgerungen mit einer gegenteiligen Einschätzung infrage stellen. Dies führt dazu, dass man die sichtbaren, aber widersprüchlichen Informationen nicht nutzt, um ein Problem aufzuzeigen, nur weil es nicht zur eigenen Weltsicht passt. Der zuverlässige Freund wird ja nicht plötzlich unzuverlässig. Entsprechend werden nicht alle Probleme zu Problemen.
  • Einfluss von sonstigen Filtern
    Unsere Aufmerksamkeit wird von vielen zusätzlichen Filtern beschränkt. So wirken beispielsweise die neuesten Informationen stärker als ältere; oder offensichtliche Argumente sind wichtiger, als nicht so naheliegende; oder negative wirken mehr als positive. Sobald eine Meinung sich gebildet hat, wird es schwer, sie nochmals zu ändern. Das Ganze gipfelt dann in dem, was man allgemein als Vorurteile bezeichnet. Der Techniker ist dann nicht in der Lage den Kunden zu verstehen und dem Verkäufer fehlt das Verständnis für die Technik – was dazu führt, dass deren Bemerkungen nicht berücksichtigt werden. Entsprechend werden nicht alle Probleme zu Problemen.

Fazit: Probleme sind das Ergebnis einer subjektiven Betrachtung von auffälligen Gegebenheiten, die erst dann als heikel angesehen werden, wenn sie die Wahrnehmungsschwelle der Leute überschreiten. Die dafür notwendige Aufmerksamkeit wird beeinflusst von Stereotypen, Stimmungen, Sichten auf die Welt und vielen anderen Filtern. Erst wenn diese Einflussfaktoren überwunden werden und ein Problem zu dem wird, was es ist, erst dann kann man sich um die Lösung des Problems kümmern. Es ist eben nicht immer ein Problem – für Jeden.