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Die Kehrseite des Wegs des geringsten Widerstands

Wasser und Sand, Bienen und Ameisen sowie große Herden und Menschenmengen folgen alle einem gemeinsamen Prinzip. Gefrorenes Wasser hält sich daran und strebt so dem Tal entgegen. Pheromone zeigen ihn Ameisen. Tierherden orientieren sich aneinander, um ihn zu finden. Selbst im Gedränge einer Menschenansammlung finden ihn alle und schaffen damit Ordnung – den Weg des geringsten Widerstands.

Für manche ist er der beste Weg, da sie damit wenig Aufwand mit maximaler Wirksamkeit verbinden. Dabei stecken in ihm einige Aspekte, die nicht immer wünschenswert sind.

  • Der Weg, den alle gehen
    Sobald sich dieser Weg abzeichnet, folgen alle und alles dem gleichen Weg. Egal, ob Schnee oder Sand, der vorgefundene Attraktor, d.h. die Stelle, auf den sich alle Energien zubewegen, zieht alle magisch an. Im Wettbewerb ist das nicht wirklich der anzustrebende Pfad, da sich dort alle befinden und die wenigsten Unterscheidungsmerkmale zu finden sind. Die Antwort auf die Frage nach der eigenen Originalität, der Unique Selling Proposition (USP), hebt einen von den Anderen ab und erzeugt langfristig die gewollten Lorbeeren. Sobald man sich auf diesen Weg verirrt, sollte die Suche nach einem anderen Ansatz beginnen. Dies führt zwar zu mehr Aufwand, aber am Ende auch zu einer höheren Ausbeute. Ansonsten bleibt nichts anderes, als sich in der Mittelmäßigkeit einzurichten.
  • Der Weg, den die Probleme gehen
    Bergsteiger wissen, dass die Bereiche des geringsten Widerstands zu meiden sind, da dort das größte Risiko besteht, von einer Lawine erfasst zu werden. Auch die geschäftlichen Probleme finden diesen direkten Weg, um sich ohne Aufwand zu verbreiten. Dies beginnt bei Computerviren, die sich innerhalb von Netzwerken von einem Rechner zum nächsten hangeln. Es reicht bis zu dem besonders schädlichen Kampf um Marktanteile, der am einfachsten durch die Preise ausgefochten wird. Erstaunlicherweise fehlt den Kunden in diesem Bereich das Verständnis, dass es sich bei den billigeren Angeboten um reduzierte, nicht unbedingt ebenbürtige Leistungen handelt. Alle stürzen sich auf diesen einfachen Weg des Wettbewerbs, ohne zu bedenken, dass die eigene Viabilität riskiert wird. Ihre Angebote leiden irgendwann unter der schlechten Qualität und zerstören das Vertrauen der Kunden. Zertifizierungen bringen dann auch nichts, da sich die Kunden bereits abgewendet haben.
  • Der Weg, der an den echten Chancen vorbeigeht
    Der Weg des geringsten Widerstands ist nicht unbedingt der beste, da außerhalb wesentlich mehr zu holen ist. Im Business finden sich die echten Chancen auch außerhalb der eingefahrenen Wege. Im Rahmen der damaligen Gegebenheiten haben nur wenige darüber nachgedacht, dass ein World Wide Web neue Möglichkeiten schafft. Mittlerweile verstehen das alle. Und schon entwickeln sich Nischenmärkte, die wieder mehr physische Gemeinschaft fördern – Treffpunkte, an denen man in der Gruppe seinen Kaffee genießt; Arbeitsteams, die in täglichen Ständerlingen ihre Aufgaben persönlich abstimmen; Veranstaltungen, in denen wieder Musik mit der Hand gemacht wird. Da die tägliche Routine zu immer mehr Regelungen und Standards führt, vergessen die Verantwortlichen einen Blick über den Tellerrand hinaus zu wagen. Damit verpassen sie lukrative Chancen.
  • Der Weg, der oft Umwege in Kauf nimmt
    Bei einem Fluss, der in seinem natürlichen Bett fließt, wird der Weg des geringsten Widerstandes sichtbar. Er mäandert in weiten und engen, sich immer wieder verändernden Schleifen. Dies zeigt, dass die Natur nicht den direktesten oder kürzesten Weg geht. Im Geschäftsleben suchen sich intuitive Abläufe auch nicht den schnellsten Weg. Im Gegenteil, sie führen oft zu sehr verästelten und unüberschaubaren Verläufen, die sich nicht mehr aus einer Hand steuern lassen. Verteilte, selbst organisierte Führung ist wesentlich wirksamer, solange es sich um gewachsene Abläufe handelt. Vorgänge, die in IT-Programmen abgebildet werden müssen, beschränken diesen freien Lauf der Dinge. Die Standardisierung ist dabei ein Kompromiss, der alle Interessen unter einen Hut bringen und Widerstände überwinden muss.

Jeder von uns wird auch immer wieder den Weg des geringsten Widerstands einschlagen. Warum sollte man es sich auch schwer machen. Wir scheuen uns vor Ungewissheit und ändern nur selten etwas, das sich bisher bewährt hat. Dies gilt auch für die, deren Weg des geringsten Widerstands die permanente Veränderung ist und die deshalb nie zur Ruhe kommen.

Fazit: Der Weg des geringsten Widerstands ist trotz seines Schwungs und seiner scheinbaren Gemütlichkeit, der am wenigsten anzustrebende Weg. Hier finden sich die meisten. Hier passieren die Probleme. Hier hat man die geringsten Chancen sich von der Meute abzusetzen. Hier nimmt man Umwege in Kauf. Und trotzdem lassen sich viele treiben und beschweren sich hinterher, dass nicht mehr dabei herausgekommen ist. Sobald man spürt, dass man sich auf diesem Pfad befindet, empfiehlt sich ein Schritt auf die Seite oder die Richtung spontan zu wechseln oder einfach mal etwas ganz Anderes auszuprobieren. Der Kehrseite des Wegs des geringsten Widerstands ist das unbemerkte Korsett, das langfristige Viabilität verhindert.

Stapelverarbeitung – Erinnerung an die Zukunft

Ein wichtiger Grund für die Einführung von Schrift vor 6500 Jahren war, neben religiösen und rituellen Anlässen sowie der Aufzeichnung von Geschichte, die Verwaltung von Listen und Tabellen im Rahmen der Buchführung. In dieser Zeit gab es sicherlich bereits Momente, in denen die Schreiber ihre Aufgaben nicht zeitnah durchführen konnten und dadurch Stapel von unerledigten Aufgaben aufbauten. In diesem Fall haben sich die Mitarbeiter bestimmt beschleunigte Abwicklungen einfallen lassen, um die Stapel wieder abzuarbeiten. Auch wenn es damals noch keine elektronische Datenverarbeitung gab, hatten sie ohne Frage bereits die Stapelverarbeitung erfunden.

papierstapel

In den Großrechnern laufen heute nachts die Batchabläufe, die die angefallenen Daten des Tages in die jeweiligen Systeme und Datenbanken übertragen. Reicht die Nacht nicht, so muss das entsprechende Batchfenster durch zusätzliche Rechnerkapazitäten erweitert werden. Die Verarbeitung folgt dabei unterschiedlichen Mustern.

  • Wer zuerst kommt, mahlt zuerst
    Im Mittelalter wurde eine strenge Mühlordnung festgelegt, um Mauscheleien zu verhindern. Bis heute bietet diese Regel einen gerechten Umgang mit Vorgängen, die nacheinander vorgelegt werden. Die Reihenfolge der Abarbeitung ergibt sich aus dem Eingang. Der Stapel wächst und die Vorgänge werden von unten nach oben verarbeitet.
  • Wehre den Anfängen
    Der Vorteil der Bevorzugung des letzten Zugangs kommt daher, dass der Vorgang bereits auf dem Tisch liegt und dadurch nicht einsortiert werden muss. Solange man ausreichend Ressourcen hat, kann man auf diese Weise jeglichen Stapeln aus dem Weg gehen. Da dies zu einer Verschwendung von Kapazitäten führt, wenn keine Auftragsspitzen anfallen, ist dieser Ansatz nur dann wirtschaftlich, wenn er Kosten der Verwaltung der Stapel oder Lagerflächen einspart.
  • Etwas brennt einem auf den Nägeln
    Schon Eisenhower hat sich mit der Frage beschäftigt, was zuerst bearbeitet werden sollte. Seine nach ihm benannte Matrix empfiehlt, die dringenden Sachen sofort selbst zu erledigen oder zumindest an kompetente Mitarbeiter zu delegieren. Die Reihenfolge hängt von dem Verfallsdatum des Vorgangs ab. Zu diesem Zweck braucht man einen guten Überblick über die Fälligkeiten in dem Stapel.
  • Viel Feind‘, viel Ehr‘
    In diesem Fall beschäftigt man sich mit den umfangreichsten Aufgaben zuerst. Sie können sich aus dem Wert des Ergebnisses, aus dem Aufwand zur Abarbeitung oder aus der Anzahl der Beteiligten ergeben. Naturgemäß dauern diese meistens besonders lange. Durch den frühestmöglichen Start steigt die Wahrscheinlichkeit, zeitgerecht fertig zu werden. Zu diesem Zweck müssen die Vorgänge nach ihrem Umfang bewertet und dann absteigend sortiert werden.
  • Kleinvieh macht auch Mist
    Hier konzentriert man sich auf die am wenigsten umfangreichen Aufgaben zuerst. Auch hier, wie im letzten Punkt, kann die Wichtigkeit aus dem Wert des Ergebnisses, aus dem Aufwand zur Abarbeitung oder aus der Anzahl der Beteiligten abgeleitet werden. Sehr wahrscheinlich werden diese eher weniger Aufwand benötigen. Durch die bevorzugte Abarbeitung dieser Aufgaben wird der Stapel schneller signifikant kleiner. Auch hier werden die Vorgänge nach ihrem Umfang bewertet, aber dann aufsteigend sortiert.

In der Datenverarbeitung werden die Daten nicht nach einem der obigen Verfahren durchgeführt, sondern nach den logischen Zusammenhängen der Datenbanken und Dateien. Ziel ist es, am nächsten Tag einen konsistenten Datenbestand zu haben. Die Höhe des Stapels hängt dabei von der IT zur Erfassung der Vorgänge ab. Entsprechende Regeln bringen die Daten bereits bei der Erfassung in ein Format, das sich schneller verarbeiten lässt.

In agilen Projekten verwendet man heute ebenfalls Stapel, die sogenannten Backlogs. Hier werden einfach die Aufgaben gesammelt, die noch nicht umgesetzt sind. Der Product Owner, d.h. ein entscheidender Vertreter des Fachbereichs, bestimmt nach einem Sprint, welche Aufgaben im nächsten Sprint entwickelt werden. Ein Sprint ist ein zwei- bis vierwöchiger Arbeitszyklus, in dem die Entwickler die volle Kontrolle der Umsetzung haben.

Damit entspricht das Nachtfenster zur Abwicklung von Batchläufen einem Sprint. Der wesentliche Unterschied ist, dass das Batchfenster alle erforderlichen Vorgänge abwickeln muss, da ansonsten die Konsistenz der Daten nicht mehr gesichert ist. Wird eine Aufgabe in einem Sprint nicht zu Ende gebracht, dann kann man entweder den Folgesprint nutzen oder wieder in das Backlog packen.

Fazit: Stapelverarbeitung wurde immer schon benötigt. Der Unterschied ergibt sich aus der Abarbeitung und der daraus resultierenden Sortierung der Stapel – FIFO, LIFO, FEFO, HIFO, LOFO. Im Rahmen der agilen Organisation übernehmen die Product Owner zwar die Entscheidung, aber auch sie folgen immer noch den gleichen Mustern. Das macht die Stapelverarbeitung zu einer Erinnerung an die Zukunft.