Archiv der Kategorie: Management

Hier finden Sie Themen wie Planung, Organisation und Führung.

Vom Öltanker zum Schnellboot

Die Bürokratisierung in den Bereichen des Unternehmens führt zu unnötigen und trotzdem steigenden Aufwänden. Abläufe werden durch bürokratische Verfeinerungen zu Verhinderungsmaschinen.

  • Der Einkauf kümmert sich einzig um große Lieferanten.
  • Das Controlling konzentriert sich vor allem auf große Kostentreiber.
  • Die IT interessiert sich nur für große IT-Systeme.
  • Die Strategie legt den Schwerpunkt lediglich auf Kernprozesse und -funktionen.

Zwar werden dadurch wenige, große Einsparungen erzielt. Die vielen, kleinen Kürzungen, die in Summe einen großen Block ausmachen, fallen aber durch das Netz. Wir müssen das Unternehmen neu denken – vom Öltanker zum Schnellboot.

tankerschnellboot

Die Vorteile von großen Tankern, die Skaleneffekte eines Konzerns, sind ausgeschöpft. Das Motto sollte jetzt sein: Kleinvieh macht auch Mist. Viele wendige Schnellboote bieten kleine Potenziale, die in der Summe große Einsparungen liefern. Zu diesem Zweck können die folgenden Ansätze eingesetzt werden.

  • Kleine Vorgänge entbürokratisieren
    Der Grad der Bürokratisierung sollte sich an der Größe des jeweiligen Vorgangs ausrichten. Große Aktivitäten benötigen durch ihre weitreichenden Einflüsse und Abhängigkeiten definierte Regeln, um die Ausbreitung von schädlichen Effekten zu minimieren. Für normale Aktionen reichen einfache Vorgaben, da Fehler schnell korrigiert werden können. Kleine Vorgänge können formfrei durchgeführt werden. Einerseits lässt sich die Vielfalt der Abläufe nur schwer standardisieren. Andererseits richtet ihr Scheitern wenig Schaden an. Dadurch entfallen Unmengen von unnötig bürokratischen Vorgängen, die sich aus allgemeinen Standards ergeben. Dies befreit die Arbeit von überzogenen Regeln und schafft Zeit für die kritischen Umfänge.
  • Massenoptimierung vorbereiten
    Anstrengungen zur Verbesserung rechnen sich am besten, wenn mit einfachen Maßnahmen viel erreicht wird. Die kleinen, regulären Abläufe versprechen in Summe aufgrund ihrer riesigen Anzahl viele Vorteile. Dies sind vor allem die Tätigkeiten, die an jedem Arbeitsplatz stattfinden und alle MitarbeiterInnen beschäftigen. Dazu gehören der alltägliche Schriftverkehr (z.B. die Bestellungen, die Protokolle und die Rundschreiben), sich wiederholende Verrichtungen (z.B. die E-Mail-Verwaltung, die Reisevorbereitung und die Sitzungsgestaltung) sowie die kleinen Entscheidungen (z.B. die Aufgabenpriorisierung, das Zeitmanagement und die Qualitätskontrolle). Die Massenoptimierung wird möglich durch das frühzeitige Erkennen der kleinen Zeitfresser und das Teilen von Lösungen im Intranet. Einen schnellen Startpunkt bietet das betriebliche Vorschlagswesen, wenn auch Vorschläge für die kleinen, nicht-technischen Aspekte des Arbeitsalltags darüber abgewickelt werden.
  • Selbstoptimierung ermöglichen
    Am besten ist es, wenn die einzelnen Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, sich selbst den letzten Schliff zu geben. Sie brauchen dazu eigenverantwortliche Kontrolle über ihre Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung. Zu diesem Zweck werden die Rollen für die betrieblichen Funktionen festgelegt. Es werden die Aufgaben der Funktionen gesammelt (z.B. Adressen zusammenstellen, Text schreiben, Brief verschicken), die benötigten Kompetenzen, die Befugnisse, festgelegt (z.B. der Zugriff auf alle Adressen, die Adressaten anzuschreiben) und die Verantwortung bestimmt (z.B. die richtige Zielgruppe zu erreichen, fehlerfrei). Sobald die Mitarbeiter die generelle Berechtigung haben, ihre Aufgaben selbstständig zu verbessern, wird die Selbstoptimierung möglich.
  • Belohnung von kleinen Erfolgen
    Die Belohnung von kleinen Erfolgen fördert die Überarbeitung an allen Stellen des Unternehmens. Auf der einen Seite entstehen die großen Einsparungen durch die vielen Nutzer und auf der anderen Seite durch deren langfristigen Einsatz. Die Belohnung von kleinen, bestätigten Fortschritten ermutigt die Belegschaft sich zu beteiligen. Dies sollte auch langfristige Effekte beinhalten, die rückblickend identifiziert und bestätigt werden.

Fazit: Die Zeit der großen Effekte aufgrund von wenigen Initiativen ist am Ende angekommen. Ab jetzt geht es hin zu den vielen kleinen Verbesserungen, die alle Beteiligten eigenverantwortlich einbringen. Die großen Einsparungen entstehen aus der Masse der Verbesserungen, der Summe der vielen kleinen Einsparungen. Für große Unternehmen bedeutet dies ein neuer Blick auf die eigenen Elemente und Zusammenhänge – weg vom Öltanker hin zum Schnellboot.

Immer weniger für immer mehr

Bei jedem privaten oder geschäftlichen Kauf bewerten wir, ob die jeweilige Leistung den Preis rechtfertigt. Interessant finde ich den praktischen Ansatz eines Kollegen, der den Wert eines Buches auf einfache Weise ermittelt. Zuerst wiegt er das Buch in seiner Hand und fühlt die Haptik. Dann wirft er einen Blick auf die Anzahl der Seiten und beurteilt die Bindung des Buches. Abschließend prüft er das Schriftbild, die Illustrationen und das Wording auf einer zufälligen Seite des Buches. Aus allen Kriterien ergibt sich seine Bewertung des Buches, unabhängig von dem eigentlichen Inhalt.

So einfach ist es bei der geschäftlichen Beschaffung nicht, da die Leistungen, Produkte und Services, sich nicht derart einfach prüfen lassen. Schon die Spezifikation von SMARTen Qualitätskriterien fällt dem beschaffenden Unternehmen schwer. Langjährige Einkaufsmacht hat die Einkäufer die Fähigkeiten, Angebote umfassend und fair zu schätzen, vergessen lassen. Dies ist ein Grund, dass sie einfach immer weniger für immer mehr bezahlen wollen.

Immermehr

Ein Ansatz ist es die Menschen, die Maschinen, das Material, die Infrastruktur und die Marge des Anbieters sachlich zu bewerten. Das Ergebnis ist eine realistische, für alle Seiten akzeptable Preisfindung, die langfristig Lieferanten und Unternehmen überleben und prosperieren lassen. Neben einer Spezifischen, Messbaren, Adäquaten, Relevanten und Testbaren Beschreibungen der Anforderungen, hilft es die folgenden Bestandteile einer Leistung zu berücksichtigen.

  • Menschen
    Jede Leistung wird von einer bestimmten Anzahl an Menschen erbracht. Sie müssen über Fähigkeiten verfügen und zuverlässig zusammenarbeiten. Gleichzeitig brauchen sie humane Arbeitsbedingungen und eine Entlohnung, die ihnen das Überleben sichert. Wird ein Aspekt nicht erfüllt, entstehen Probleme, die das Gesamtsystem des Beschaffers gefährden.
  • Maschinen
    sind ein wichtiger Bestandteil der Wertschöpfungskette. Die Zuverlässigkeit und die Güte der Ergebnisse werden durch die Güte der Komponenten und deren Verarbeitung bestimmt. Gute Maschinen kosten mehr. Auch die Erbringung von Services erfordert Gerätschaften – vor allem Computer. Deren Zuverlässigkeit bestimmt die stetige Erbringung der Dienstleistungen. Ausfälle der Maschinen gefährden das Gesamtsystem des Beschaffers.
  • Material
    Manche Leistungen hängen von Rohstoffen oder besonders behandelten Werkstoffen und Teilen ab. Da mittlerweile ein weltweiter Wettbewerb um Rohstoffe entbrannt ist, lassen sich die Lieferanten nicht mehr auf unfaire Preise ein. Statt dessen müssen die abhängigen Hersteller froh sein, überhaupt beliefert zu werden. Eine ungeschickte Beschaffungspolitik kann das Gesamtsystem des Beschaffers gefährden.
  • Infrastruktur
    Die Infrastruktur beginnt bei der Stromversorgung, geht über die Transportwege bis hin zu den einzelnen Gebäuden. In Krisengebieten kann es schnell zu einem Ausfall der Infrastruktur kommen. Das dadurch gestiegene Risiko ist nicht unbedingt Teil der Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Verlagerungen ins Ausland. Die Folgen von Erdbeben, von Piraten und einer schlechten Bausubstanz können das Gesamtsystem des Beschaffers gefährden.
  • Marge des Anbieters
    Alle gewinnorientierten Unternehmen streben nach Wachstum. Leider geschieht das Wachstum immer auf Kosten Anderer. In den letzten zwanzig Jahren haben Konzerne ihre Beschaffung so angepasst, dass langfristige Verträge ihnen ständig sinkende Preise bescheren. Der Lieferant hat nur wenig Spielraum (s. die vorherigen Punkte). Was bleibt, ist der Verzicht auf Teile der Marge. Gibt der Zulieferer diese nicht gewinnbringenden Geschäfte auf, kann dies das Gesamtsystem des Beschaffers gefährden.

Unter dem Titel einer wettbewerbsorientierten Beschaffung geben sich die Unternehmen dem Trugschluss hin, dass sie stets ausreichend Lieferanten haben, um immer günstigere Preise verhandeln zu können. Der frühere Haus- und Hoflieferant, der 80% für ein Unternehmen gearbeitet hat, orientiert sich neu und liefert vielleicht nur noch 20%. Damit verpufft langsam, aber stetig die Einkaufsmacht der Unternehmen. Heute gewinnen die Zulieferer die Kontrolle und bestimmen, wer was bekommt. Ein vernünftiger Vergleich der Leistungen ist die Grundlage für die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit, die in der Vergangenheit alle beteiligten Unternehmen am Erfolg teilhaben ließen.

Fazit: Jede Leistung sei es ein Produkt oder ein Service, erzeugt Aufwand bei der Erstellung. Sobald dieser Aufwand nicht honoriert wird, krankt nicht nur der zu gering bezahlte Zulieferer. Es kommt früher oder später nicht nur für den Zulieferer, sondern auch für das beschaffende Unternehmen, zum Kollaps. Nur mit Preisen, die das Überleben von allen Beteiligten sichern, bleibt das Gesamtsystem lebensfähig.