Archiv der Kategorie: Management

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Dynamische Grenzwerte

In einer Welt, die immer mehr vermessen und bewertet wird, gewinnen Grenzwerte an Bedeutung. Es ist schwierig, sich in dem Dschungel der Daten zurechtzufinden. Aus diesem Grund werden Orientierungswerte bestimmt, sogenannte Grenzwerte. In Deutschland ist beispielsweise der Grenzwert für radioaktive Strahlung 20mSv pro Jahr beziehungsweise 400 mSv für das gesamte Berufsleben. In Japan hat TepCo die Grenzwerte im Zuge des Unglücks in Fukushima von 100 auf 250 mSv pro Jahr erhöht. Dies zeigt, dass Grenzwerte nicht in Stein gemeißelt sind. Grenzwerte verändern sich.

Blutbild

Die Veränderlichkeit wird von entsprechenden Organisationen bestimmt – Behörden und darauf spezialisierten Institutionen. Ziel ist die Festlegung eines Wertes, ab dem negative Auswirkungen zu erwarten sind, z.B. Gesundheitsrisiken durch Strahlung, Lärm oder Schadstoffe in Lebensmitteln.

Grenzwerte haben die folgenden Schwächen.

  • Sie beziehen sich auf einen separierten Sachverhalt – eine einzelne Substanz oder einen individuellen Klang.
  • Sie beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum.
  • Sie werden für Gesunde erstellt.
  • Sie gelten für durchschnittliche Menschen.
  • Sie berücksichtigen keine Wechselwirkungen oder sukzessive Ansammlungen.

und

  • Sie sind nicht natürlich gegeben, sondern bürokratisch festgelegt.
  • Sie sind Kompromisse der beteiligten Interessengruppen.
  • Sie orientieren sich an einem bestimmten Stand der Wissenschaft im Moment der Festlegung.
  • Sie sind abhängig von wissenschaftlicher Nachweisbarkeit.
  • Sie werden immer wieder geändert.

und

  • Innerhalb der Grenzwerte gilt per Definition als gesund.
  • Außerhalb der Grenzwerte gilt per Definition als nicht gesund.
  • Der Unterschied zwischen gesund und nicht gesund ist sehr klein – für strahlenexponierte Personen in Deutschland gilt19 mSv pro Jahr als ungefährlich und 21 mSv pro Jahr als gefährlich (japanische Messwerte siehe oben).

Fazit: Grenzwerte sind kritisch zu betrachten, da sie Sicherheit suggerieren, aber auf Festlegungen basieren, die jederzeit geändert werden können. Weder die Rahmenbedingungen der Festlegung, noch das Zusammenwirken verschiedener Aspekte oder die scheinbar objektiven Kriterien liefern hieb- und stichfeste Aussagen. Grenzwerte entwickeln sich immer zu einem politischen Instrument. Aus diesen Gründen sollten sie stets kritisch hinterfragt werden.

Dezentrale Bürokratie muss man sich leisten können

Sobald Sie Herrn Hammer einen Hammer geben, sieht alles wie ein Nagel aus. Dieser Fluch hat mit der Arbeitsteilung begonnen. So entstehen nebeneinander Schrauber, Säger, Schleifer, Maler, Schweißer, Kleber usw. Alle sprühen vor Energie und gestalten das Umfeld abhängig von dem Fachgebiet. Auf ähnliche Weise entstehen verwaltungsmäßige oder besser bürokratische Funktionen in Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung. Alle übernehmen engagiert ihre Aufgaben und erzeugen einen Verwaltungsakt nach dem anderen. Wie lässt sich dieses Schicksal stoppen?

Komplexes Netz

Nehmen wir als Beispiel einen Konzern, der sein Hauptquartier irgendwo in der Welt hat. In verschiedenen Regionen existieren lokale Hauptquartiere, die über eine ähnliche Struktur und Aufgaben verfügen. Das Hauptquartier (HQ) steuert die lokalen Hauptquartiere (LHQ), die die Standorte steuern. Alle verfügen über Stabsstellen, die eifrig Strategien, Sollvorgaben und Richtlinien entwickeln – natürlich jeder für seinen Verantwortungsbereich. Das Ergebnis ist eine Flut von Regelungen, die mehrfach erarbeitet werden, sich überlappen und sich häufig widersprechen. Durch immer mehr hierarchische Ebenen multipliziert sich dieser Effekt.

Die folgenden Maßnahmen könnten die Entwicklung entschärfen.

  1. Klare, überschneidungsfreie Verteilung von Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung.
    Jede Verwaltung erhält ein abgestimmtes Bündel an Aufgaben, klare Befugnisse und Verpflichtungen. Dadurch wird Doppelarbeit vermieden, es entstehen weniger Bestimmungen und eine geringere Vielfalt an Interpretationen. Die dazugehörigen Einheiten verschlanken sich.
  2. Bündelung der Rollen an der höchstmöglichen Stelle.
    Je weiter oben die Regelungen in der Hierarchie positioniert werden, desto einheitlicher und wirtschaftlicher werden die Ergebnisse. Dies gilt vor allem für grundlegende Leitlinien, wie z.B. das Berichtswesen, Leistungsbeurteilungen oder Reiserichtlinien.
  3. Definierte Eskalations- und Entscheidungswege.
    Die meisten Reibungsverluste entstehen durch unklare oder konkurrierende Entscheidungen. Die klaren, für alle verfügbaren Beschreibungen der Ebenen, Prozeduren und dazugehörigen Gremien von Entscheidungen, ermöglichen es allen, den Instanzenweg zu befolgen.
  4. Konkrete Repressalien bei Zuwiderhandlung.
    Regeln, die nicht mit schmerzhaften Strafen verbunden sind, entschärfen die Vorgaben. Ein verständlicher Katalog an Folgen bei Zuwiderhandlung erhöht die Wahrscheinlichkeit der Befolgung.

Fazit: In jeder Organisation, egal wie groß oder verteilt über die Welt, kann die Bürokratisierung durch Neuordnung der Zuständigkeiten reduziert werden. Dazu sind redundanzfreie Rollen, die möglichst hoch angesiedelt, mit klaren Instanzenwegen und allgemeine gültige Sanktionen versehen werden erforderlich.

P.S.: Das Beispiel der Europäischen Union zeigt die gleiche Tendenz. Solange die EU sich den Luxus leisten kann nationales Recht in Konkurrenz zum europäischem Recht zu haben, werden Unmengen an Steuergeldern für unnötige Verwaltung verschwendet – ganz abgesehen von den bürokratischen Hürden zwischen den 28 Mitgliedsstaaten. Die überschneidungsfreie Aufgabenverteilung, die Ansiedelung der regulierenden Behörden an oberster Stelle, klare Instanzenwege für jeden EU-Bürger und ein für alle bindendes, einheitliches Rechtssystem würden bürokratische Abläufe erleichtern. Durch die Bündelung von nationalen Aufgaben in der EU könnten zehn Prozent der nationalen Beamtenapparate eingespart werden.