Schlagwort-Archive: Kommunikation

Das zu fest gehaltene Ei bricht

Jedes Mal, wenn ich ein Ei nehme, achte ich darauf, dass es mir nicht aus der Hand rutscht und auf dem Boden zerbricht. Gleichzeitig vermeide ich einen zu starken Griff, damit ich es nicht zerbreche. Dabei ist mir bewusst, dass die Schale zwar stabil ist, aber der unachtsame Druck könnte es ja trotzdem knacken.
Stecken nicht alle Führungskräfte in einer ähnlichen Situation? Sie führen die MitarbeiterInnen und stellen sicher, dass sie sich an die Regelwerke halten, die sich aus den Gesetzen, Richtlinien des Unternehmens, Verträgen und sonstigen Absprachen ergeben. Die LeiterInnen müssen, wie beim Ei, die Balance schaffen, zwischen einer zu lockeren und einer zu straffen Führung. Fehlen Ergebnisse oder entziehen die MitarbeiterInnen ihren Respekt, dann verwirkt die Führungskraft ihre Autorität. Kontrolliert der Manager zu pedantisch, dann riskiert er das Commitment der Belegschaft und verliert mittelfristig MitarbeiterInnen durch Fluktuation. In jedem Fall besteht die Gefahr, die Grundlage für die Zusammenarbeit zu zerbrechen.

Eibroken

In der Vergangenheit konnten Führungskräfte in ihre Aufgaben hineinwachsen, in dem sie erfahrene Vorgesetzte begleiteten. Heute kann man nach dem Studium, ein paar Praktika und kurzer Berufspraxis bereits eine Führungsaufgabe übertragen bekommen. Dieser Trend wird verstärkt durch die Personalpolitik von großen Unternehmen, die sich immer mehr auf Assessments in künstlichen „Laborbedingungen“ verlassen. Wir erkennen diese Chefs an ihrem Arbeitsstil. Sie zeichnen sich aus durch Mikromanagement, der Übernahme von Funktionen in Projekten und einer dadurch zu kurz kommenden Führung.

Die folgenden Leitungsaufgaben sind entscheidend, um die Führungsrolle zu erfüllen.

  • Kommunikation
    Der regelmäßige Austausch von Gedanken, Meinungen und Tatsachen ist in Gruppen besonders wichtig und gleichzeitig sehr zeitintensiv. Je mehr MitarbeiterInnen direkt zugeordnet sind, desto mehr Zeit braucht der Austausch von Gedanken und desto weniger Zeit steht für jeden MitarbeiterInnen zur Verfügung. Es beansprucht Zeit für Gespräche unter vier Augen sowie für verschiedene Formen von Besprechungen (z.B. Kamingespräche, Coffeetalks, Stammtische). Zusätzlich zu persönlichen Gesprächen erhöht das Verständnis der MitarbeiterInnen die regelmäßige Veröffentlichung von wichtigen Themen in Form von E-Mails, Newslettern oder einer persönlichen Intranetseite.
  • Koordination
    Die sparsamste Variante der Koordination ist die Kommandokette mit ihrem Befehl und Gehorsam. Eigentlich ist den meisten klar, dass dieses Modell heute nicht mehr tragfähig ist. Wer möchte schon selbst derart geführt werden! Aus diesem Grund gibt es heute weitere Mechanismen zur Koordination, z.B. Vereinbarungen, Zielvorgaben oder den Linking-Pin. Dies erfordert natürlich mehr Zeit, als einfach einen Befehl auszugeben. Auf lange Sicht lernen die Beteiligten jedoch, selbstständig zu handeln. Der verbleibende Aufwand entsteht dann vor allem beim Austausch von Informationen.
  • Kooperation
    Auch Führungskräfte sind gezwungen mit anderen gemeinsam zu arbeiten. Zu diesem Zweck sollte eine Umgebung geschaffen werden, die die Zusammenarbeit erleichtert. Neben der erforderlichen Ausstattung mit Räumlichkeiten und Medien bieten Workshops einen Rahmen außerhalb des Alltags. Dort werden die Richtung des Bereichs und Geschäftsmodelle sowie die Kultur abgestimmt.

In allen Fällen gilt es, die richtige Balance zwischen Fordern und Fördern zu finden. Es geht nicht darum keinen Druck ausüben zu können, sondern mit der richtigen Leitung Ergebnisse zu erzeugen UND die Akzeptanz, die Motivation und das Commitment der MitarbeiterInnen zu erhalten.

Fazit: Führung ist eine kritische Aufgabe, da sie einen großen Einfluss auf das wirtschaftliche Wohl des Unternehmens hat. Sie ist ein wichtiger Beitrag, um die Teams auf Kurs zu halten und ihnen ausreichend Halt zu bieten. Genau wie das zu locker oder zu fest gehaltene Ei zerbricht, so steht und fällt die Leistungsfähigkeit eines Teams durch zu viel oder zu wenig Führung.

Siehe auch: Raus aus der Haftung

Schwindet die öffentliche Meinung?

Wir haben alle unsere Sicht auf die Gegebenheiten der Welt. Derzeit leben http://ow.ly/GeMxx Milliarden von Menschen auf der Welt. Leider ist es schwierig, aus der Sicht politischer und wirtschaftlicher Entscheidungsträger auf diese unvorstellbare Anzahl von Blickwinkeln angemessen einzugehen. Aus diesem Grund berücksichtigt man die Standpunkte von Gruppen, z.B. Staat, Unternehmen, Lobby und sonstigen Interessensgruppen. Ein allgemeingültiger Blickwinkel ist die öffentliche Meinung, die die Mehrheit der Gesellschaft repräsentiert. Diese Einstellungen und Verhaltensweisen werden durch repräsentative Umfragen ermittelt. Während früher die Menschen durch gemeinsame Erziehung, Bildung, Bücher und Massenmedien geprägt waren, stehen heute Unmengen an Kanälen und Institutionen gleichwertig nebeneinander. In der Folge wird jeder nach seiner Façon selig. Gibt es die öffentliche Meinung noch? Oder verschwindet die öffentliche Meinung als praktisches Werkzeug aus den öffentlichen Diskursen?

WirsinddasVolk

Wenn sich die Gemeinsamkeiten in einer Gesellschaft auflösen, ist die Resilienz gefährdet, …

  • … weil der Common Sense nicht mehr greifbar ist
    In der Vergangenheit wurden die Menschen durch gemeinsame Kanäle mit Neuigkeiten beeinflusst, z.B. den lokalen Tageszeitungen sowie den öffentlichen Radio- und TV-Sendern. Dies erzeugte einen gemeinsamen Wissensstand und gemeinsame Überzeugungen. Mit dem Aufkommen von Spartenkanälen und dem Internet ist heute jeder in der Lage sich seine Quellen auszuwählen. Damit gehen die Gemeinsamkeiten verloren. Jede Sichtweise wird gepflegt und in die jeweilige Richtung weiterentwickelt. Damit entsteht ein ein gesunder Menschenverstand der immer kleineren Gruppen. Der große, gesellschaftliche Common Sense geht dadurch verloren.
  • … weil die Kultur sich immer mehr zergliedert
    Durch die fortschreitende Fragmentierung der Gesellschaft wird es immer schwerer die Kernelemente der Kultur (mehr hier: http://www.memecon.de/kulturaspekte.html ) zu erkennen. Sprachen, Handlungen, Einstellungen, Erfahrungen und die Identität zerstreuen sich in immer mehr Gruppen. Mit der Zeit entstehen unvereinbare Gruppen, die miteinander im Wettbewerb stehen. Um zu einer gemeinsamen Richtung zu kommen, müssen für alle Seiten annehmbare Kompromisse geschlossen werden. Der Ruf nach einer gemeinsamen Kultur wird stärker.
  • … weil der gesellschaftliche Zusammenhalt verschwindet
    In der Folge orientieren sich die Menschen verstärkt an ihrer Gruppe. Dies führt zu einer sich entwickelnden Abgrenzung von Anderen und einer starken emotionalen Bindung an die Werte der eigenen Gruppe. Die vorhandene Energie für die gemeinsamen Aufgaben wird zugunsten kleinlicher Dispute verbraucht. Die übergreifenden Probleme bleiben ungelöst und die gesellschaftlichen Gemeinsamkeiten gehen verloren.
  • … weil die großen Parteien sich auflösen
    Selbst die Große Koalition vertritt in Deutschland nur 48% aller Wähler, berücksichtigt man die Wahlbeteiligung von 71,5% http://ow.ly/GeSHe. Die CDU/CSU (18,3 Mio. Wähler) schaffen es zusammen gerade mal mehr Stimmen zu erhalten als die Nichtwähler (17,6 Mio.). Die Demokratie hat sich Regeln geschaffen, um mit derartigen Verhältnissen funktionsfähig zu bleiben. Die Folgen sind immer mehr und immer populistischere Parteien.
  • … weil die Grundlage für staatliche Entscheidungen schwindet
    Durch die Wahlergebnisse in der Politik regieren die Parteien ohne das Votum der Mehrheit der Wähler. Dies führt zu steigender Unzufriedenheit und immer mehr öffentlichen Demonstrationen. Die neue Kultur des Protests wird von allen Schichten der Bevölkerung praktiziert. Die Häme, die die etablierten Parteien den verschiedenen Aktivisten entgegenbringen, ist ein Indiz für deren Mangel an Ideen, wie man sich mit diesen Gruppen auseinandersetzt.

Die Lücken, die sich auftun schaffen den Raum für die Gruppen, die der Bevölkerung versprechen, was diese hören wollen. Im Zwanzigsten Jahrhundert haben populistische Kräfte schon einmal die Schwäche von vielen kleinen Parteien ausgenutzt. Die Folgen waren grauenvoll. Ohne einen weitreichenden Konsens zwischen den Bürgern, der an einer aussagekräftigen öffentlichen Meinung sichtbar wird, trudeln wir in eine unerwünschte, altbekannte Richtung. Haben die Entscheider etwas daraus gelernt? Welche Maßnahmen ergreifen sie? Müssen wir es hinnehmen, dass sich die Geschichte wiederholt? Und hinterher wieder keiner etwas gewusst hat?
Die öffentliche Meinung wird zwischenzeitlich so wenig aussagekräftig, dass sich auf deren Grundlage nur noch wenige Gemeinsamkeiten mehr finden lassen – sieht man von den fremdenfeindlichen Entwicklungen ab.

P.S.: Die gleichen Mechanismen finden sich in Unternehmen im Rahmen deren Corporate Identity.