Im Egotop der eigenen, kleinen Wohnung wird alles bestimmt von den Interessen des einen Bewohners. Er muss sich mit niemandem abstimmen, muss nicht permanent auf andere Rücksicht nehmen und kümmert sich erst, wenn er dazu in Stimmung ist. Im Soziotop einer Wohngemeinschaft begegnen sich unterschiedliche Lebensstile, Einstellungen und Geschmäcker. Die gefühlte Verpflichtung sich um den gemeinsamen Wohnraum zu kümmern kann bei allen sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Im Bad und der Küche stoßen die verschiedenen Empfindlichkeiten aufeinander. Ein Workaround ist heute die Beschilderung von Lebensmitteln und Getränken mit dem eigenen Namen, in der Hoffnung, seine persönlichen Einkäufe bei Bedarf wiederzufinden. Das Schicksal schlägt zu, wenn es ums Geschirr geht. Sobald der erste schmutzige Teller stehen bleibt, sammeln sich in Lichtgeschwindigkeit weitere gebrauchte Teller, Gläser, Messer, Gabeln und Löffel an. Warum sollte man sich denn darum kümmern?
Familiäre und kulturelle Unterschiede führen zu ungleichen Reizschwellen, die, sobald sie überschritten werden, dazu führen, dass sich jemand kümmert, weil der persönliche Leidensdruck zu groß wird.
- Beauftragung
Der offizielle Anstoß ist eine temporäre Zuordnung der Aufgabe. Sobald jemand verpflichtet wird eine Angelegenheit zu erfüllen, beispielsweise im Geschäftsleben in Form einer Stellenbeschreibung oder einem direkten Befehl, wenn die Befugnisse ausreichen, um die geforderten Ergebnisse in der bestimmten Qualität zu liefern, bleibt dem Zuständigen nur wenig Freiraum, um sich zu drücken.
Die formalisierte Beauftragung mit der klaren Beschreibung der Aufgabe ist der gängige Weg. - Karrieregründe
Aus der Übernahme von unbeliebten Aufgaben können sich für die Zuständigen karrieristische Vorteile ergeben, die ausreichen, um sich beherzt der Tätigkeit zu widmen.
Die kalkulierte Beauftragung nutzt den Ehrgeiz und schafft eine Win-win-Situation. - Interesse
Der intrinsische Reiz sich einer Aufgabe zu widmen ergibt sich auf natürlichem Weg, wenn die Inhalte ein bestimmtes Interesse befriedigen. Und jede Aufgabe kann interessant sein – auch allgemein unbeliebte Routinetätigkeiten.
Die intrinsische Übernahme einer Aufgabe aufgrund einer Passion fördert das Wohlbefinden des Auftragnehmers. - Gemeinsinn
Ein besonderer Drang ergibt sich aus dem altruistischen Antrieb Aufgaben zu erledigen, um die Welt dadurch zu verbessern.
Der altruistische Tatendrang eine Aufgabe zum Wohl der Gesellschaft zu erledigen stärkt das Selbstwertgefühl des Ausführenden. - Langeweile
Sobald die innere Uhr immer langsamer läuft, die Zeit nicht vergehen will, einem die Decke auf den Kopf fällt und man nichts Besseres zu tun findet, dann ist Langeweile schlimmer, als jede ungeliebte Aufgabe.
Die zerstreuende Erfüllung von sonst reizlosen Aufgaben vertreibt dem Durchführenden die Zeit. - Leidensdruck
Wenn die aktuelle Lage so unangenehm ist, dass der Leidensdruck über den persönlich akzeptablen Grenzwert steigt, dann führt das schnell zur Beseitigung des störenden Missstands.
Die kurative Übernahme einer Aufgabe erfolgt selbstständig, um die akuten „Schmerzen“ durch die Erledigung der Aufgabe zu beheben.
Fazit: Es gibt Aufgaben, die die aktive Bearbeitung erfordern. Die Gründe sich darum zu kümmern, sind vielfältig. Sie reichen von einer temporären Beauftragung, bauen auf Interesse, kalkulierte Karrieregründe und altruistischen Gemeinsinn, bis hin zur Vermeidung von Langeweile und der Behebung eines persönlichen Leidensdrucks. Die Verschiedenheit der Charaktere führt meistens zur Erledigung der Aufgabe. Die erste ist im Extremfall die letzte Möglichkeit – die Beauftragung. Mit der Beantwortung der Frage „Warum sollte ich?“ startet die Umsetzung – früher oder später.