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Du bist was Du ist

In Deutschland betreiben rund 2,23 Millionen Soloselbstständige ihr Geschäft ohne abhängig Beschäftigte. Sie kümmern sich um alle Bestandteile des Geschäfts und entwickeln unter anderem

  • die Geschäftsidee,
  • die Fähigkeiten, Angebote und Aktivitäten,
  • eine Übersicht der benötigten Mittel,
  • eine Beschreibung der Kundengruppen und Vertriebskanäle,
  • die Preisgestaltung für das angebotene Sortiment,
  • den Businessplan der nächsten fünf Jahre und
  • eröffnen ein kostenpflichtiges Bankkonto,
  • erfinden einen Namen und ein Logo,
  • holen die behördlichen Genehmigungen und Versicherungen ein,
  • melden ein Gewerbe oder andere Rechtsform an,
  • schließen Verträge mit Bezahldienstleistern und
  • bereiten rechtlich einwandfreien Angebots- und Rechnungsformulare sowie die Buchhaltung vor.

Das Ganze müssen Soloselbstständige selbst erarbeiten, bevor die erste Rechnung geschrieben werden kann, außer: Sie haben entweder freiwillige Unterstützer, die „ehrenamtlich“ helfen, oder sie verfügen über vorhandene Ersparnisse für Fremdvergaben.

Der Start in die Soloselbstständigkeit ist wie der Start eines Flugzeugs. Es braucht eine lange Startbahn mit angemessenem Startlauf bis genügend Auftrieb entsteht, um abheben zu können und auf Flughöhe zu kommen. Ein Unternehmen braucht Umsätze, die nur dann entstehen, wenn die möglichen Kunden das Angebot kennen. Dafür sind einsatzfähige Leistungen, gute Beziehungen und aussagekräftige KPIs nötig.

Einsatzbereite Produkte und/oder Dienstleistungen

Die Angebote müssen in einem Zustand sein, dass sie am nächsten Tag ausgeführt werden können. Was bedeutet das? Eine Bäckerin möchte gesunde Mini-Backwaren verkaufen. Zu diesem Zweck braucht sie Rezepte für Mini-Brezeln und -Croissants, Bio-Lieferanten sowie eine Backstraße, zugeschnitten auf kleine Produkte, die sie allein bedienen kann.

Eine Idee reicht nicht aus, um verkäuflich zu sein. Das gilt nicht nur für herstellende Gewerbe (z.B. Beschaffungs-, Produktions-, Distributions- und Entsorgungslogistik, Fertigungs-, Energie- und Verfahrenstechnik), sondern auch für personen- (z.B. Consultants, Therapeuten, Coaches, Trainer, Sozialarbeiter und Pflegedienste) und sachbezogene (z.B. Reinigungen, Banken, Versicherungen, IuK und Werbung) Dienstleistungen.

Ohne die vorbereiteten Angebote können zwar während der Startphase ein, vielleicht zwei Projekte improvisiert werden. Aber langfristig ist dieser Ansatz gefährlich, da es für Soloselbstständige sehr schwer ist, aus diesem Hamsterrad wieder auszusteigen. Zwar können die ersten Umsätze realisiert werden, aber die fortwährenden Improvisationen schaden der Güte des Angebots, führen zu permanenter Überlastung und verhindern eine zuverlässige langfristige Auslastung.

Gute Beziehungen
In der Vergangenheit konnten sich Anbieter auf einem Marktplatz treffen und ihre Leistungen feilbieten. Dies erhöhte die Wahrscheinlichkeit von möglichen Kunden wahrgenommen zu werden. Noch heute treffen sich die Kundschaft von Obst, Gemüse und Eiern auf dem Wochenmarkt.

Es bietet sich an, mit den bestehenden Kontakten und Beziehungen anzufangen. Hierfür sollten die Zielgruppen nach Interessen, möglichem Umsatz und was sonst noch wichtig ist, klassifiziert werden. Das bestehende Netzwerk kann hier einsortiert werden. Durch die Markierung von Entscheidenden und Meinungsführenden, entsteht eine Priorisierung der möglichen Kunden, mit denen die Idee frühzeitig besprochen oder sogar angeboten werden kann. Dabei sollte geklärt sein, wer mit welcher Ansprache am besten erreicht wird. Durch die frühzeitige Einbindung dieser Klientel wird ein günstiges Klima für Angebote und Verhandlungen erzeugt und ermöglicht es vielleicht sogar, sie gegen Angebote der Wettbewerber zu immunisieren.

Es gibt kein Umsatz ohne Kunden.

Wichtig:
Kunden sind die,
die das Angebot benötigen,
über ausreichendes Budget verfügen UND
bereit sind, dafür zu bezahlen.

Mittelfristig generieren die ersten Geschäftskontakte durch Mund-zu-Mund-Propaganda und die sonstigen Marketingmaßnahmen neue Interessenten. Durch wechselseitigen Austausch und die Sichtbarkeit des Angebots kommen immer mehr mögliche Abnehmer (Leads) zusammen, um die unternehmerischen Ziele erreichen zu können.

Fokussiertes Marketing
Sobald ein öffentlich erreichbarer Point-of-Sales aufgebaut ist, können die Fahnen mit dem eigenen Logo und dem Angebot hochgezogen, Infomaterial ausgelegt, Werbegeschenke verteilt werden und so weiter. Wenn jedoch spezielle Leistungen (Dienstleistungen aller Art) angeboten werden, die nicht auf einen traditionellen Marktplatz passen (was Soloselbstständige unbedingt in Betracht ziehen sollten) sind wirksame Werbemaßnahmen unumgänglich.

In diese Kerbe schlagen Heerscharen von Dienstleistern, die Soloselbstständigen, in Ermangelung von eigenen Kapazitäten, bei Entwurf, Gestaltung und Veröffentlichung zur Seite stehen wollen. Die Stichworte am Ende dieses Artikels (siehe unten: Supplement) geben einen Eindruck von der Anzahl der Themen. Bei allem Druck, so schnell wie möglich Umsatz zu generieren, lassen sie sich nicht zu einer aufwendige Ausarbeitung von übertriebenen Werbemaßnahmen und den Aufbau unrealistischer Außendarstellungen hinreißen. Fokussiertes Marketing braucht die folgende Mindestausstattung, die entscheidend von den Unternehmenden erstellt werden müssen:

  • einem Namen, der zur Persönlichkeit und dem Geschäft passt,
  • eine Übersicht mit den Angeboten (Produkten und/oder Dienstleistungen),
  • einen einminütigen Elevator Pitch (Aussagen, um Neugierde zu wecken, durch spannende Slogans das Angebot zu umreißen, Kundenvorteile aufzuzeigen, Beispiele, durch einen Call-to-Action den nächsten Schritt vorzuschlagen),
  • eine Präsentation des Unternehmens (inklusive Unternehmensprofil, Kernkompetenz, Philosophie, Historie, persönliche Vorstellung, Ziele, Stärken, Zertifikate, Leistungsportfolio (möglichst mit Preisen), Projektbeispiele, Kundenstatements, Datenschutz, Kontakt- und weiterführende Info)
  • einen Flyer, der den Elevator Pitch weiter detailliert und den Kunden Anreize bietet, um sich zu melden, sowie
  • eine erste Landingpage im Internet abgeleitet aus den obigen Punkten, die mithilfe von entsprechenden Templates selbst entwickelt werden.

Es sollten keine Hemmungen bestehen, sich von etablierten Unternehmen der eigenen Branche inspirieren zu lassen, aber ohne zu versuchen, es ihnen gleichzutun. Die Großen verfügen über spezielle Mitarbeitende und ein umfangreiches Budget, das einem Start-Up nicht zur Verfügung steht. Bei der Ausformulierung sollten Plattitüden vermieden werden, wie beste Qualität, geringer Zeitaufwand oder günstigster Preis. Es ist wichtiger herauszuarbeiten, was die Anbietenden ausmacht: z.B. spezielles Fachwissen, einmalige Erfahrungen, gnadenlose Kundenorientierung, ein agiles Vorgehen und klare Ergebnisse.
Für die Botschaften gilt: Weniger ist mehr. Hybris sollte selbstkritisch vermieden und das, was man sicher beherrscht, sich zu eigen gemacht sowie nur das versprochen werden, was gehalten werden kann.

Fazit: Für alle, die das Abenteuer starten Soloselbstständige zu werden, gibt es keinen Zweifel, dass es sich bei der eigenen Unternehmung um das wichtigste Unternehmen überhaupt handelt. Dieses Selbstvertrauen ist unerlässlich, um die Untiefen der ersten Jahre zu überwinden. Damit die Firma eine Überlebenschance hat, sollten die Angebote sauber ausgearbeitet, bestehende Beziehungen genutzt und das Marketing auf die wesentlichen Aspekte fokussiert werden. Der Lackmustest ist beim Lesen der eigenen Außendarstellungen der Blick in den Spiegel. Wenn Sie nicht erröten und Hybris vermieden haben, dann sollten Sie angemessene Botschaften hinbekommen. Am Ende bist Du was Du ist – nicht mehr, aber auch NICHT WENIGER.

Supplement:

Stichworte für unfokussiertes Marketing

Die folgenden Aspekte in Gänze zu erarbeiten, übersteigt das Erforderliche bei Weitem.

  • Marketingstrategien:
    Direktmarketing, Networking, Influencer Marketing, Empfehlungsmarketing, Event Marketing, Guerilla Marketing, Content-Marketing, Event-Marketing, Telemarketing, E-Mail Marketing, Social Media Marketing
  • Marketingplan:
    Marktanalyse; Marketingmix (Product, Place, Promotion, Price); Marketingziele; Key Performance Indicators (Lead Conversion rate, Traffic conversion rate, Cost per Lead, Cost per Customer); Marketingkonzept; Corporate Identity; Marketingcontrolling
  • Werbematerial:
    Postkarten, Flyer, Falzflyer, Präsentationsmappen, Postkarten im Langformat, Türhänger, Visitenkarten, Etiketten und Aufkleber, Stempel & Stempelkissen, Notizbücher, Magnete, Papiertüten, Produktanhänger, Geschenkgutscheine, Websites
  • Veröffentlichungen:
    Geschäftsbericht, Imagebroschüre, Kundenzeitschrift, Newspaper, Blogs, Fernsehen, Tageszeitung, Anzeigeblätter, Online/Mobile, Außenwerbung, Fachzeitschriften, Hörfunk, Wochen-/Sonntagszeitung, Filmtheater, Zeitungssupplement
  • Veranstaltungen: Tag der offenen Tür, Werksbesichtigungen/ -Führungen, Podiumsdiskussionen, Versammlungen, Messen, Messstände, Webinar
  • Presse:
    Mitteilungen, Konferenzen, Interviews, Tweets, Hintergrundgespräche, Redaktionsbesuche, Videos, Podcasts
  • Sponsoring
  • Online:
    Website; Onlinewerbung (Banner, Affiliate, Email, Keyword Advertising, …); Suchmaschinenoptimierung (SEO); Landingpage; Lead Management

Die Sache als solche

Die Beschreibung von Handlungen, Verhalten, Beziehungen, Abläufen, Systemen und Ähnlichem erscheint auf den ersten Blick einfach – aussuchen, beobachten, beschreiben, auslegen, mitteilen.

  • Das Ziel sollte klar beschrieben sein, damit die Beobachtungen das Gleiche betrachten.
  • Die Elemente der Beobachtung sollten vollständig gesammelt werden, damit die Vergleichbarkeit gewährleistet ist.
  • Alle Beobachtungen sollten in einer gemeinsamen Sprache beschrieben sein, um Mehrdeutigkeiten von vorneherein entgegenzuwirken.
  • Die Auslegung sollte auf Basis aller Beobachtungen erfolgen, d.h. erst nachdem alle Umfänge vorliegen.
  • Die Veröffentlichung der Ergebnisse sollte in der Sprache der Zielgruppe erfolgen, d.h. befreit von Fachjargon.

Diese Reihenfolge und das gemeinsame Verständnis der Sache als solche müssen allen Beteiligten vermittelt werden – vor allem die Beobachter brauchen vorab eine entsprechende Schulung.

Betrachtet werden Einzelpersonen, Gruppen, Rollen, Abläufe, zeitliche, geografische und virtuelle Räume, Medien, und alle ansonsten interessanten Beobachtungsgegenstände. In jedem Fall sind die folgenden Aspekte zu berücksichtigten.

  • Die Bestandteile der Sache als solche
    Einerseits sollte die Menge der Objekte der Beobachtung klar beschrieben sein – wer, wie viele, woher usw. Darüber hinaus verfügen die Bestandteile über eine Anzahl von beschreibenden Elementen, die durchgängig zu beschreiben sind, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen. Erst diese Zusammenstellung der Bestandteile ermöglicht eine nützliche Beobachtung.
    So haben beispielsweise Personen einen Namen, einen Wohnort, bestimmte Interessen; Gruppen werden benannt und benötigen eine Auflistung der Gruppenmitglieder und weitere Eigenschaften, um sie zu unterscheiden; Abläufe bestehen aus einzelnen Schritten, die zusammen eine Leistung erbringen.
  • Die Beziehungen der Sache als solche
    Die Bestandteile stehen in ein- oder wechselseitigen Beziehungen zueinander – menschliche, gesellschaftliche, wirtschaftliche, technische, rechtliche, religiöse, oder sonstige Verbindungen. Sie erweitern die Erkenntnisse der Beobachtung entscheidend.
    Die Bestandteile stehen in Beziehung, indem sie kommunizieren, Geschäfte machen oder andere gemeinsame Interessen verfolgen. Abläufe liefern sich Ergebnisse, die im Zusammenspiel die Gesamtleistung des Ganzen ergeben. Die Teile einer Maschine versetzen sie in die Lage, eine bestimmte Leistung zu erbringen.
  • Die Veränderungen der Sache als solche
    Durch die Beziehungen der Bestandteile befinden sich die Gegebenheiten fortwährend im Fluss (Panta rhei). Diese Veränderungen sind eine wesentliche Eigenschaft der Sache als solche. Dabei ändern sich die Bestandteile und Beziehungen mehr oder weniger.
    Menschen entwickeln sich weiter, ändern ihren Lebensmittelpunkt, bilden über die Zeit neue Gruppen und sind an unterschiedlichen Arbeitsstellen tätig. Eine Maschine behält ihre Struktur überwiegend bei, wenn man von den Verbrauchsstoffen und dem Verschleiß absieht. Aus diesen Veränderungen lassen sich Aussagen über die Viabilität des Ganzen ableiten. Finden keine Veränderungen statt, ist das System wahrscheinlich tot.
  • Die Auslöser der Veränderungen
    Zum besseren Verständnis der Veränderungen sollten die Ursachen verstanden sein. Was bewirkt die Veränderungen? Woher kommen die Auslöser? Über welche Beziehungen erreichen die Auslöser die unterschiedlichen Bestandteile?
    Die vielen Trigger, die die Entwicklung von Menschen beeinflussen oder auf die Abläufe einwirken oder die Maschinen belasten, bieten Ansatzpunkte, um gewünschte Auswirkungen zu erzeugen oder unerwünschte Effekte zu vermeiden. Die Auslöser sind Einstiegspunkte für die Beeinflussung des Ganzen.
  • Die Begebenheiten der Sache als solche
    Die einzelnen Veränderungen und Auslöser sind schwer zu überschauen. Aus diesem Grund bündeln wir diese in Begebenheiten, die aus einer Sammlung von Bestandteilen, Beziehungen, Veränderungen und Auslösern bestehen. Eine allgemeine Gliederung ist beispielsweise der stets bestehende Lebenszyklus – werden, reifen, nutzen, vergehen.
    Begebenheiten umfassen nicht nur die dokumentierten Inhalte, sondern erzeugen im Kopf der Betrachter weitere Erkenntnisse, die sich aus deren Erfahrungen ergeben – die Ausbildung, die Gründung einer Familie, der Jahresabschluss der Firma, die Wartung einer Maschine. Am Ende werden sie zu einer Sache als solche.
  • Die Bedeutung der Sache als solche
    Zusammen ergeben die vielen Aspekte der Sache als solche eine Bedeutung für uns und für andere – Welche Einflüsse gehen von hier aus? Was ist der übergeordnete Zweck? Welche Wichtigkeit hat die Sache als solche für verschiedene Personen und Gruppen?
    Die Gesamtheit aller Sachen als solche ergeben die Wirklichkeit, die uns umgibt – die Gesellschaft, die Wirtschaft, die Kultur und deren Zusammenspiel. Je nach Aufgabenstellung betrachten wir sie auf unterschiedlichen Ebenen, um Ansätze zum Handeln zu finden.

Fazit: Die Sache als solche ist das zentrale Element bei der Aufgabenerfüllung. Dabei kann es sich um einzelne Personen, Gruppen oder abstrakte Systeme handeln, die eine bestimmte Lösung erfordern. In jedem Fall ist es dabei vorteilhaft, die obigen Aspekte zu betrachten: die Bestandteile, Beziehungen, Veränderungen, Auslöser, Begebenheiten und vor allem die resultierende Bedeutung. Die Beobachtung, die die obigen Fragen nicht beantworten kann, ist stets kritisch zu hinterfragen, da die Einsichten sich aus dem Zusammenspiel von vielen Aspekten ergeben – vor allem den obigen Punkten der Sache als solche.