Wir haben alle unsere Sicht auf die Gegebenheiten der Welt. Derzeit leben http://ow.ly/GeMxx Milliarden von Menschen auf der Welt. Leider ist es schwierig, aus der Sicht politischer und wirtschaftlicher Entscheidungsträger auf diese unvorstellbare Anzahl von Blickwinkeln angemessen einzugehen. Aus diesem Grund berücksichtigt man die Standpunkte von Gruppen, z.B. Staat, Unternehmen, Lobby und sonstigen Interessensgruppen. Ein allgemeingültiger Blickwinkel ist die öffentliche Meinung, die die Mehrheit der Gesellschaft repräsentiert. Diese Einstellungen und Verhaltensweisen werden durch repräsentative Umfragen ermittelt. Während früher die Menschen durch gemeinsame Erziehung, Bildung, Bücher und Massenmedien geprägt waren, stehen heute Unmengen an Kanälen und Institutionen gleichwertig nebeneinander. In der Folge wird jeder nach seiner Façon selig. Gibt es die öffentliche Meinung noch? Oder verschwindet die öffentliche Meinung als praktisches Werkzeug aus den öffentlichen Diskursen?
Wenn sich die Gemeinsamkeiten in einer Gesellschaft auflösen, ist die Resilienz gefährdet, …
- … weil der Common Sense nicht mehr greifbar ist
In der Vergangenheit wurden die Menschen durch gemeinsame Kanäle mit Neuigkeiten beeinflusst, z.B. den lokalen Tageszeitungen sowie den öffentlichen Radio- und TV-Sendern. Dies erzeugte einen gemeinsamen Wissensstand und gemeinsame Überzeugungen. Mit dem Aufkommen von Spartenkanälen und dem Internet ist heute jeder in der Lage sich seine Quellen auszuwählen. Damit gehen die Gemeinsamkeiten verloren. Jede Sichtweise wird gepflegt und in die jeweilige Richtung weiterentwickelt. Damit entsteht ein ein gesunder Menschenverstand der immer kleineren Gruppen. Der große, gesellschaftliche Common Sense geht dadurch verloren. - … weil die Kultur sich immer mehr zergliedert
Durch die fortschreitende Fragmentierung der Gesellschaft wird es immer schwerer die Kernelemente der Kultur (mehr hier: http://www.memecon.de/kulturaspekte.html ) zu erkennen. Sprachen, Handlungen, Einstellungen, Erfahrungen und die Identität zerstreuen sich in immer mehr Gruppen. Mit der Zeit entstehen unvereinbare Gruppen, die miteinander im Wettbewerb stehen. Um zu einer gemeinsamen Richtung zu kommen, müssen für alle Seiten annehmbare Kompromisse geschlossen werden. Der Ruf nach einer gemeinsamen Kultur wird stärker. - … weil der gesellschaftliche Zusammenhalt verschwindet
In der Folge orientieren sich die Menschen verstärkt an ihrer Gruppe. Dies führt zu einer sich entwickelnden Abgrenzung von Anderen und einer starken emotionalen Bindung an die Werte der eigenen Gruppe. Die vorhandene Energie für die gemeinsamen Aufgaben wird zugunsten kleinlicher Dispute verbraucht. Die übergreifenden Probleme bleiben ungelöst und die gesellschaftlichen Gemeinsamkeiten gehen verloren. - … weil die großen Parteien sich auflösen
Selbst die Große Koalition vertritt in Deutschland nur 48% aller Wähler, berücksichtigt man die Wahlbeteiligung von 71,5% http://ow.ly/GeSHe. Die CDU/CSU (18,3 Mio. Wähler) schaffen es zusammen gerade mal mehr Stimmen zu erhalten als die Nichtwähler (17,6 Mio.). Die Demokratie hat sich Regeln geschaffen, um mit derartigen Verhältnissen funktionsfähig zu bleiben. Die Folgen sind immer mehr und immer populistischere Parteien. - … weil die Grundlage für staatliche Entscheidungen schwindet
Durch die Wahlergebnisse in der Politik regieren die Parteien ohne das Votum der Mehrheit der Wähler. Dies führt zu steigender Unzufriedenheit und immer mehr öffentlichen Demonstrationen. Die neue Kultur des Protests wird von allen Schichten der Bevölkerung praktiziert. Die Häme, die die etablierten Parteien den verschiedenen Aktivisten entgegenbringen, ist ein Indiz für deren Mangel an Ideen, wie man sich mit diesen Gruppen auseinandersetzt.
Die Lücken, die sich auftun schaffen den Raum für die Gruppen, die der Bevölkerung versprechen, was diese hören wollen. Im Zwanzigsten Jahrhundert haben populistische Kräfte schon einmal die Schwäche von vielen kleinen Parteien ausgenutzt. Die Folgen waren grauenvoll. Ohne einen weitreichenden Konsens zwischen den Bürgern, der an einer aussagekräftigen öffentlichen Meinung sichtbar wird, trudeln wir in eine unerwünschte, altbekannte Richtung. Haben die Entscheider etwas daraus gelernt? Welche Maßnahmen ergreifen sie? Müssen wir es hinnehmen, dass sich die Geschichte wiederholt? Und hinterher wieder keiner etwas gewusst hat?
Die öffentliche Meinung wird zwischenzeitlich so wenig aussagekräftig, dass sich auf deren Grundlage nur noch wenige Gemeinsamkeiten mehr finden lassen – sieht man von den fremdenfeindlichen Entwicklungen ab.
P.S.: Die gleichen Mechanismen finden sich in Unternehmen im Rahmen deren Corporate Identity.