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Der Große Bruder der Straße

Grundlegende Veränderungen, die alle Teilnehmer des Verkehrs betreffen, brauchen Zeit und taktisches Gespür. Ansonsten gehen die heutigen Wutbürger zu früh auf die Barrikaden. Seit dem Zusammenbruch des Sozialismus haben die Regierungen des ehemals freien Westens die Hemmungen verloren, die Planwirtschaft für sich zu entdecken. Heutige Datenverarbeitung bietet Möglichkeiten der umfassenden Überwachung, die sich Orwell nicht hätte vorstellen können. Die Skrupel der Politiker so etwas für die eigene Karriere zu nutzen gehen gegen null. Gleichzeitig sind die Schutzmechanismen einer Gesellschaft zu langsam, um auf diese Veränderungen zeitnah reagieren zu können. Damit diese staatlichen Versuche aufgedeckt werden können, braucht es frühzeitig etwas Fantasie bei dem Weiterdenken der neuen Plänen zur Finanzierung des Verkehrs – dem Großen Bruder der Straße.

BigBrotherVerkehr

Neben der Speicherung der Daten des Mobilfunks und der Verfolgung der Bewegungsmuster, entwickelt sich jetzt das nächste Netz zur Erfassung, die Mautanlagen. Vorgeschobener Grund ist die Beteiligung aller Nutzer der Autobahn, auch der ausländischen, an den Kosten zur Erhaltung der Straßen, Brücken und Technik der Überwachung. Hinter diesen Installationen könnten auch noch folgende Möglichkeiten stecken, die den Einfluss des Staates unmerklich erhöhen.

  • Anhebung der Straßennutzungsgebühr
    Auch wenn zum Start ein Ausgleich mit der Kfz-Steuer erfolgt, bietet das System eine einfache Stellschraube, um mittelfristig die Abgaben zu erhöhen. Wenn beispielsweise immer mehr Brücken und Straßen repariert werden müssen, kann man den Verkehrsteilnehmern schulterzuckend zusätzliche Kosten in Form von erweiterten Gebühren auferlegen, ohne die Steuern buchstäblich zu erhöhen.
  • Automatische Nummernerkennung
    Die Erfassungsanlagen der Maut führen zu einer neuen Datenflut von Bewegungsdaten der Fahrzeuge. Mit dieser flächendeckenden Kontrolle lässt sich der Standort eines Fahrzeugs langfristig ähnlich verfolgen, wie bei der Handyortung. Damit werden zusätzliche Einsichten in das Verhalten der Bürger möglich. Interessant wird beispielsweise die Verknüpfung mit den Handydaten. Was dann nur noch fehlt, ist der persönlich eingepflanzte Chip. Wir werden dann nicht nur wissen, wo das Handy oder das Auto sich aufhält, sondern auch zuverlässig, wo die Person sich zu jedem Zeitpunkt befindet.
  • Geschwindigkeitskontrolle
    Heutzutage wird mit festen oder mobilen Blitzern, die aktuelle Geschwindigkeit gemessen und bei zu hoher Geschwindigkeit mit einem Foto dokumentiert. Direkt im Anschluss an das Vergehen oder Wochen später wird es geahndet. In Zukunft kann die Zeit zwischen zwei Erfassungsstellen der Maut gemessen und die durchschnittliche Geschwindigkeit berechnet werden. Das Fehlverhalten kann dann nicht mehr nur punktuell erfasst werden, sondern über die gesamte Strecke hinweg. Sollte die Durchschnittsgeschwindigkeit zu hoch sein, wird das Bußgeld fällig.

Auch wenn die Maut bisher nur die Autobahnen betrifft, so lässt sich das funktionierende System jederzeit auf alle Arten von Straßen ausweiten. Am Ende wandelt sich die KFZ-Steuer zu einer gebrauchsabhängigen Gebühr für die Nutzung der Straßen. Die Politiker schaffen dann mit populistischem Brimborium die KFZ-Steuer ab. Unterm Strich steigen jedoch die Kosten für den Einzelnen und der Überwachungsstaat wird in einer Weise möglich, die nur noch schwer rückgängig gemacht werden kann.

Fazit: In den Plänen für die deutsche Pkw-Maut stecken mehr Möglichkeiten, als man auf den ersten Blick erkennen kann. Unmerklich entwickelt sich ein neues orwellsches System, das nicht nur den gläsernen Bürger zementiert. Gleichzeitig werden eingeführte Steuermodelle zu verbrauchsorientierten Nutzungsgebühren des Staates. Wer jetzt schon an eine Flatrate denkt, bei dem ist der Groschen gefallen. Der Große Bruder der Straße ist ein weiterer Baustein, um 1984 Wirklichkeit werden zu lassen.

Geld stinkt immer noch nicht

Der wesentliche Unterschied zwischen geschäftlichem und staatlichem Wirtschaften ist die Tatsache, dass ein Unternehmen nicht einfach seine Einnahmen beschließen und einziehen kann, sondern sie erarbeiten und mit dem Kunden verhandeln muss. Steuern wurden zu allen Zeiten von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen erhoben – genannt Tribut, Zehnt, Zoll, Ablass oder Tempelsteuer. Es wurde auch nicht davor zurückgeschreckt, die skurrilsten Einnahmequellen zu erschließen. Ein gutes Beispiel ist der Kaiser Vespasian, der sich mit dem Spruch „Pecunia non olet“ (Geld stinkt nicht) rechtfertigte. Er hatte eine Steuer für die öffentlichen Bedürfnisanstalten erhoben. Erstaunlich, dass die gleiche Kreativität bis heute überlebt hat.

Maut

Kunden haben die Wahl und regulieren die Preise einfach dadurch, dass Sie das Verhältnis zwischen Preis und Leistung der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen bewerten. Stimmt das Verhältnis nicht, verzichten sie darauf – und der Preis sinkt.
Im Gegensatz dazu hat der Bürger nur von Zeit zu Zeit die Wahl. Mit der Stimmabgabe übergeben sie die Kontrolle an politische Funktionäre, die im Laufe deren Amtsdauer machen was sie wollen – gut verpackt in Statements wie „Wir dürfen nur die Dinge versprechen, von denen wir auch glauben, dass wir sie halten können.“ „Ich glaube, die Menschen haben Verständnis dafür“. In Ermangelung von Akzeptanz der Bürger für neue Steuern heißen sie jetzt Einnahme, Gebühr, Ergänzungs- oder Sonderabgabe. Aktuelle Beispiele sind:

  • Die Verlängerung des Solidaritätszuschlags
    Der Solidaritätszuschlag für die Wiedervereinigung wurde am Ende hingenommen. Aber jetzt diese Ergänzungsabgabe beizubehalten ist ein gutes Beispiel, wie die Politiker versuchen, ihre Budgets zu erhöhen. Wenn zukünftig Kosten anfallen, die die Gesellschaft tragen sollen, so ist die Berechtigung eines derartigen Griffs in die Tasche der Steuerzahler fragwürdig – vor allem, wenn sie sich nicht wehren können.
  • Autobahn-Maut
    In vielen Ländern fällt eine Gebühr für die Nutzung von Autobahnen an – auch wenn es nur ein paar Grenzkilometer sind. Soweit ist die Erhebung der Autobahnmaut OK. Einen Ausgleich bei der KFZ-Steuer für Deutsche ist sicher angemessen. Wie tölpelhaft ist es schon vor der Einführung diesen Ausgleich zurückzunehmen. Damit ist die Maut eine verdeckte Steuererhöhung.
  • Kalte Progression
    Die kalte Progression ist das Hütchenspiel des Finanzministeriums. Der Bürger zahlt immer drauf und erhält noch nicht einmal eine angemessene Anpassung an die Inflation der letzten Jahre. Am Ende hilft die kalte Progression auch bei dem Erreichen der schwarzen Null.

Die Liste der Beispiele ließe sich fortsetzen, von der Riester-Rente bis zu den Beiträgen der Krankenversicherung. Gleichzeitig werden die Arbeitgeber mit der Begründung entlastet, dass es Arbeitsplätze rettet. Das geht soweit, dass Unternehmen ihre Personalkosten reduzieren können, durch Niedriglöhne und Zeitarbeit. Sind das die geretteten Arbeitsplätze?

Fazit: Politiker machen alles, um die Einnahmen auf Kosten der Bürger zu erhöhen und die Kosten für die Industrie zu senken. Diese moderne Form der Wegelagerei wird nicht lange funktionieren. Die Rechnung werden die folgenden Generationen tragen müssen. Ob die sich dann noch mit der älteren Generation solidarisch zeigen werden? Die Folgen für das Rentensystem sind jetzt schon abzusehen – sicher ohne Konsequenzen für die Pensionen der Politiker, die heute die zukünftigen Probleme schaffen. Geld stinkt ja immer noch nicht.