Freiwilligkeit ist eine wichtige Qualität unseres Lebens. Beispielsweise die Tatsache, dass Sie diesen Artikel angeklickt haben, ist das Ergebnis einer Entscheidung, die Sie freiwillig getroffen haben. Gegebenenfalls haben bestimmte Schlüsselreize, wie z.B. das Wort freiwillig, Sie seit Stunden, Tagen oder Wochen begleitet und für das Klicken auf diesen Link anfällig gemacht.
Der freie Wille wird immer öfter herangezogen, um die Situation von anderen Menschen und Kulturen zu hinterfragen. Dabei kann es sich um Kleidungsstile, Fragen der Beschäftigung, politische Wahlen oder kulturelle Rituale handeln. Wie frei ist man am Freitag sich ‚casual’ anzuziehen? Kann es sein, dass Sexarbeiter freiwillig ihrem Gewerbe nachgehen? Wie frei sind Wahlen, die eine über 90%ige Beteiligung erzielen? Gehen Japaner freiwillig zu Ihren Nomikais (d.h. Trinkmeetings)? Inwieweit es sich dabei um Entscheidungen aus freien Stücken handelt, wird immer öfter von Außenstehenden beurteilt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was freiwillig eigentlich bedeutet. Freiwillig – Entscheiden ohne Zwang?
Sobald jemand etwas tut, ohne es zu wollen, sprechen wir von unfreiwillig. Dies gilt beispielsweise für 20% der teilzeitbeschäftigten Frauen in Deutschland, die gerne länger arbeiten würden, aber gezwungenermaßen Teilzeitarbeit akzeptieren müssen. In allen anderen Fällen sprechen wir eigentlich von freiwillig, da die Entscheidungen mit mehr oder weniger Freiheit getroffen werden. Die folgenden freiwilligen Varianten reichen von erzwungen bis zu unbewusst zufällig.
- Drohungen – Ich will, weil ich muss.
Aktivitäten, die aus Furcht vor negativen Auswirkungen akzeptiert werden. Dazu gehören die Androhung von Gewalt und die Angst vor Verlust von etwas, z.B. einer Anstellung, von Besitz, von einem Partner. - Vorgetäuschte, falsche Tatsachen – Ich will, weil ich glaube.
Aktivitäten, die auf Basis von falschen Annahmen getan werden. Dazu gehören falsche Versprechungen von Politikern, Lobbyisten oder anderen Meinungsführern. - Notwendigkeiten – Ich will, weil es nötig ist.
Aktivitäten, die aus nachvollziehbaren Gründen ausgeführt werden. Dazu gehören die Einsicht zur Arbeit zu gehen, an einer roten Ampel zu stoppen oder Gesetze zu befolgen.. - Bewusste, eigene Motive – Ich will, weil ich etwas möchte.
Am nächsten kommen dem natürlichen Begriff des freien Willens Aktivitäten, die aufgrund eigener Beweggründe entschieden werden. Dazu gehören die Anhäufung von Besitz, die Kündigung eines ungeliebten Jobs oder die Heirat des geliebten Partners. - Unbewusste, eigene Motive – Ich will einfach.
Spontane Aktivitäten, die aufgrund unterschwelliger, persönlicher Motivation erfolgen. Dazu gehören Bauchentscheidungen für einen Spontankauf, die Auswahl des heutigen Mittagessens oder das Buch für die Bettlektüre. - Unbewusst und zufällig – (Einfach tun, haben, denken)
Unvorhersehbare Aktivitäten, die ohne erkennbaren Grund stattfinden. Dazu gehören das planlose Flanieren, ein spontanes Gespräch mit einer unbekannten Person oder ein Tagtraum.
Die Frage, die bleibt, ist, ob diese Freiheiten nicht auch eine Illusion sind.
- Haben wir wirklich die Chance uns anders zu entscheiden, wenn wir bedroht sind?
- Welchen Freiraum bietet die falsche Grundlage für eine Entscheidung?
- Bieten anerzogene Reaktionsmuster auf bestimmte Erfordernisse echte Wahlmöglichkeiten?
- Wie frei sind wir, wenn wir unsere Entscheidungen aufgrund der Konditionierung durch die Werbung und die Gesellschaft treffen?
- Entscheiden wirklich wir oder ist es der Bauch?
- Ist es freiwillig, wenn wir uns einfach vom Schicksal treiben lassen?
Daran sieht man, dass selbst ungezwungene Entscheidungen nicht ganz frei von Beeinflussung sind. Inwieweit diese Beeinflussung überhaupt noch Freiheit zulässt, ist umstritten. http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille
Fazit: Der freie Wille ist dehnbar. Aus diesem Grund sollte stets bei Bewertungen der Freiwilligkeit von Dritten geprüft werden, ob es sich um tatsächlichen Zwang handelt oder um eine der freiwilligen Varianten. Hüten Sie sich vor negativer Stimmungsmache, die Freiwilligkeit als Mittel nutzt, um mögliche Gegner schlecht zu machen.