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Durch den Schleier der Symptome

Es fehlt uns immer noch eine Erklärung, wie wir eigentlich in der Lage sind, bewusst zu denken. Bereits die Vereinnahmung mittels Wir, die unterstellt, dass Andere denken, ist nicht sachlich nachweisbar. Und doch haben wir ein stilles Einverständnis, dass wir ähnlich sehen, hören, fühlen, schmecken, riechen und denken. Wie jedoch die Reize der Umwelt in unser mentales Inneres übersetzt werden und wie unser Bewusstsein dort entsteht, wissen wir noch nicht. Alles, was wir haben, ist unser „Cogito ergo sum“. Trotzdem fragen wir danach, ob Maschinen ein Bewusstsein haben. Messbar sind nur mittelbare Symptome – elektrische Aktivierungen und die beobachtbaren Aktivitäten. Durch diesen Schleier der Symptome suchen wir weiter.

Um den Schleier zu durchdringen, stehen uns Personen und Artefakte, sensorische Signale, unser eigenes Bewusstsein und die resultierenden Aktivitäten und Artefakte zur Verfügung.

  • Die Welt als solche
    Die Flora und Fauna sowie die natürlichen und menschgemachten Dinge nehmen wir als gegeben hin. Wir sind überzeugt, dass sie da sind, unabhängig von dem Beobachter. Die philosophische Frage lautet: Rauschen die Blätter im Wald, auch wenn wir nicht da sind, um es zu hören?
    Derartige Fragen können uns in den Sinn kommen, ohne dass wir das bei anderen, auch nicht bei anderen Lebewesen, feststellen können. Wie sollte man das bei einem Computer können?
  • Wahrgenommene Signale
    Wir nehmen die Welt durch die fünf Sinne wahr. So empfangen die Rezeptoren in den Augen Licht, das in mentale Bilder umgewandelt wird, die Ohren empfangen Klänge, die zu Musik werden, Berührungen der Haut, die Gefühle auslösen, Schlemmereien, die die Zunge anregen und geschmackliche Erlebnisse ermöglichen sowie Düfte, die wir schnuppern und Erinnerungen auslösen. Die einzelnen Bestandteile lassen sich mehr oder weniger gut mit Messgeräten aufnehmen. Allerdings lassen sich die ausgelösten Erlebnisse nicht aus den Messungen übersetzen.
    Die Signale bekommen wir natürlich in einen Computer. Allerdings haben wir keine Vorstellung, wie die Signale in ein Verstehen übersetzt werden?
  • Subjektive Verarbeitung
    Von den Rezeptoren leiten Nerven die empfangenen Daten weiter ins Gehirn. Wie die Signale auf dem Weg übersetzt werden, ist unklar. Aus eigener Anschauung können wir sicherlich bestätigen, dass wir uns unserer Umwelt bewusst sind. Wir erzeugen aus Formen und Farben Bilder, die wir sogar in zweidimensionalen Bildern wiedererkennen. Hohe und tiefe, helle und dumpfe, laute und leise Geräusche werden zu Symphonien. Die Oberfläche eines Holztischs fühlt sich angenehm an. Die Madeleine erinnert einen an die Kindheit am Meer. Der Duft von feuchtem Gras riecht nach Sommer.
    Noch gibt es keine Ansätze, um die mentale Verarbeitung in einem Computer ablaufen zu lassen – geschweige denn, ein entstehendes Bewusstsein beobachten zu können.
  • Sichtbare Handlung
    Das, was wir in uns beobachten, können wir bei anderen nicht sehen – zumindest nicht direkt. Uns bleibt nur der mittelbare Blick auf die Aktionen der anderen. Wir sehen ihre Körpersprache, die Gestik und Mimik, hören ihre Intonation und beobachten ihre Aktivitäten. Daraus leiten wir dann ihre Befindlichkeiten ab. Die sichtbaren Akte, die sich (vermutlich) aus ihren Gedanken ergeben, erlauben nur Deutungen dessen, was in ihnen vorgeht. Das eigentliche Bewusstsein bemerken wir bei anderen noch mittelbarer, als bei uns selbst.
    Der Ablauf eines Computerprogramms kann leicht verfolgt werden – die Ergebnisse, die am Bildschirm angezeigt oder ausgedruckt werden. Das geht soweit, dass wir dreidimensionale Welten im Computer erschaffen und sogar Artefakte ausdrucken können.

Die Feder, die wir sehen und berühren können, löst Gefühle aus, die uns beispielsweise lächeln lassen. In einem Computer könnte man einprogrammieren, dass eine Feder, die eine Kamera erkennt und ein Sensor spürt, dazu führt, dass ein künstliches Gesicht auf dem Bildschirm lächelt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Computer die Gefühle entwickelt, die wir haben. Die schnelle Verarbeitungsgeschwindigkeit wird mittelfristig dazu führen, dass immer mehr sichtbare Handlungen dem Rechner antrainiert werden. Der Eindruck wird sein, dass der Computer sich wie ein Mensch verhält. Ob er dabei ein Bewusstsein entwickelt oder nicht, werden wir genau sowenig erkennen, wie bei anderen Menschen.

Fazit: In der Künstlichen Intelligenz wird weiterhin viel mit dem Glauben argumentiert. Es werden die Reize, die die Dinge der Welt auslösen, feinfühlig gemessen. Die Verarbeitung im Menschen wird absehbar nicht übertragbar sein – vor allem nicht, solange wir nicht wissen, was in unserem Bewusstsein passiert. Allerdings werden die Programme immer leistungsfähiger, sodass sie sichtbare Handlungen auslösen können, als ob … Gläubige können durch den Schleier blicken und annehmen, dass dahinter Bewusstsein steckt. Ungläubige können das Gegenteil denken. Für den Moment bleibt nichts weiter als der Blick durch den Schleier der Symptome.