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Fliegen lernen

Nachdem alle mit allen latent in Verbindung stehen und fortwährend Daten austauschen, müssen wir uns mit zu viel von zu vielen beschäftigen. Pro Minute werden fast 200 Millionen E-Mails versendet, 50 Millionen Messages verschickt und mehr als sechs Stunden Videos auf Youtube hochgeladen. Fast ein Drittel der Weltbevölkerung nutzt Facebook, 2 Milliarden Youtube und sogar über 300 Millionen LinkedIn. Der Ruf nach mehr Informationen hält immer noch an, obwohl die Anwender sich auf der Suche nach Filtern befinden, die die steigende Menge an Daten in den Griff bekommen sollen. Gleichzeitig werden die Informationsblasen als störend empfunden. Wir brauchen einen neuen Blickwinkel, der uns erlaubt den Überblick zu bewahren.

Am Ende geht es darum, angemessene Aktivitäten auszulösen, die einen weiter bringen in Richtung der gewünschten Zukunft. Die folgenden Aspekte schaffen eine neue Perspektive.

  • Dynamik akzeptieren
    Je mehr Daten innerhalb eines Moments auf einen einprasseln, desto volatiler werden die Erkenntnisse, die man daraus ableiten kann. Inwieweit wissenschaftliche Untersuchungen in der Lage sind, rechtzeitig Aussagen zu generieren, bevor sich die Bedingungen weiter verändern, wird sich zeigen. Schon heute können viele Ergebnisse nicht umgesetzt werden, da zu viele Studien erstellt werden. Gleichzeitig gilt: Traue keiner Untersuchung, die du nicht selbst erstellt hast.
    Um sich weiterhin Entscheidungsfreude zu bewahren, muss man die VUCA-Welt akzeptieren und sich wieder eine eigene Meinung bilden. Eigene Gedanken und Erklärungen zu entwickeln, die sich unentwegt an die sich verändernden Gegebenheiten anpassen, ist die Maxime, um nicht durch statisches Denken zurückzufallen.
  • Alles beginnt bei einem selbst
    Normalerweise werden Erklärungen im ersten Schritt im Umfeld gesucht. Es ist niemand eine Insel, was dazu führt das externe Einflüsse stetig stattfinden. Zu einer umsichtigen Untersuchung gehört immer die Betrachtung der externen Einflussfaktoren (z. B. STEP). Die gesellschaftlichen, technologischen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen bestimmen den Handlungsspielraum. Beschränkt man sich jedoch darauf, dann ist man zu kurz gesprungen. Es sind die eigenen Vorstellungen und Überzeugungen, die zumeist unbewusst wirken.
    Es ist sowieso schwerer Veränderungen im externen Umfeld zu erreichen, als bei einem selbst. Bevor man beginnt die Welt verändern zu wollen, ist es leichter sich zu ändern – sobald man sich die Grenzen bewusst gemacht hat. Die eigenen Einstellknöpfe müssen nur aktiviert werden, indem man umdenkt – von der Verantwortung der Anderen zur eigenen.
  • Das Ganze überschauen
    Mehr Daten bedeutet immer auch mehr Details, die meistens nicht zueinanderpassen. Nachdem man einen Wald betreten hat und der Fauna und Flora immer näherkommt, zeigen sich immer mehr Feinheiten. Setzt man sich mit den einzelnen Aspekten auseinander, geht der Zusammenhang verloren und der Wald verschwindet hinter dem einzelnen Baum, Busch oder Moos. Rettet man einen Busch, so hat das ohne Maßnahmen für den Wald als Ganzen, wenig Effekt. Das Gleiche gilt für die täglichen Aufgaben, die je feiner sie aufgesetzt werden, desto weniger bewirken sie für die übergreifende Einheit.
    Betrachtet man den Wald als Ganzes, indem man ihn aus einem Helikopter heraus betrachtet, dann lassen sich Beziehungen erkennen und Gruppen bilden. Maßnahmen, die auf dieser Flughöhe aufgesetzt werden, bringen dem Ganzen weit, als die detaillierte, endlose Beschäftigung mit Feinheiten. Wir müssen wieder weg vom Teil hin zum Ganzen.
  • Das Überleben sicherstellen
    Die Wirtschaft hat in den letzten Jahrhunderten gelernt, groß zu denken. Damit man sich das Große leisten kann, haben die Entscheider gelernt, Entscheidungen auf Kosten der Zukunft zu fällen. Die erwirtschafteten Mittel fließen in die Erweiterung des Geschäfts mit der Annahme, dass Wachstum die Zukunft absichert. Das ist ähnlich, wie bei einem Schneeballgeschäft, in dem die aktuellen Gewinne, die Schulden der früheren Geschäfte begleichen. Dieses kurzfristige Denken sichert die Prämien der Entscheider, die weiterziehen, bevor die Konsequenzen ihrer Entscheidungen das Unternehmen erreichen.
    Damit das Geschäft für alle Beteiligten erhalten bleibt, braucht es Maßnahmen, die das Überleben sicherstellen – Theorie-Y Menschenbild, organisatorische Fitness, langfristige Kooperationen, Minimum Viable Produkt (MVP). Weg vom Wachstumsdenken, hin zur Viabilität.

Fazit: In Zeiten der alternativen Fakten (Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast) drängt sich die Frage auf, wie man noch Entscheidungen treffen kann, obwohl die Grundlagen der Beschlüsse sich auflösen. In diesem Zusammenhang bietet sich Systemdenken an. Dafür müssen wir a) die Dynamik akzeptieren, b) verstehen, dass vor allem wir verantwortlich sind, c) unsere Aufmerksamkeit vom Teil aufs Ganze umleiten und d) den Schwerpunkt vom Wachstum auf Viabilität verschieben. Dies bedeutet für die vielen Detailversessenen, sich von ihren Fakten zu lösen und fliegen zu lernen.