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Wenn es nichts mehr zu verhandeln gibt

Die Geschichte ist geprägt von Eroberungen und Unterwerfungen. Getrieben von den Interessen eines vermeintlich stärkeren Gegenübers werden Verhandlungen eher Diktate. Und wenn es zu keinem diplomatischen Ergebnis kommt, dann sprechen die Waffen. Die zunehmende Vernetzung der Welt erschwert es, einseitige Verhandlungen durchzudrücken. Die Unfähigkeit mit den Anforderungen einer gleichberechtigten Welt klarzukommen, führt bei einigen Wenigen zu einem Rückfall in martialische Zeiten. Eigentlich haben wir gelernt, Verhandlungen zu beiderseitiger Zufriedenheit zu führen.

  • Menschen und Probleme getrennt behandeln
  • Interessen und Bedürfnisse anstelle Positionen besprechen
  • Wahlmöglichkeiten für beiderseitige Vorteile finden
  • Sachliche Kriterien verhandeln
  • Eigene BAV (Beste Alternative der Vereinbarung) auswählen
  • Vereinbaren

Sobald jedoch die eigene Performanz sinkt, die angeblich Stärkeren nichts mehr zu bieten haben, weil Andere die besseren Angebote machen, dann schlägt die Stunde der unlauteren Verhandler.

Der Blick in die Nachrichten zeigt, dass aktuell überall versucht wird, die modernen Verhandlungsstile durch trotzig wiederholte Angebote im Interesse von einseitigen Vorzügen abzulösen. Inwieweit die Trumps, die Briten oder die anderen unkooperativen Nationalisten mit ihren Ansätzen durchkommen, werden wir in naher Zukunft sehen. Noch lassen sich die diplomatischen Delegierten vorführen. Es ist wahrscheinlich, dass in derartigen Fällen eine angemessene Reaktion zur Klärung beitragen könnte. Aber was sind die Winkelzüge unlauterer Verhandlungsführer?

  • Alles zurück auf Start
    Bestehen bereits Verträge, dann werden diese gekündigt, sobald sie die Möglichkeit haben. Der beste Ausgangspunkt für Verhandlungen ist eine unverhandelte Grundlage. Ohne die Beschränkungen früherer Zugeständnisse werden alle Rahmenbedingungen neu verhandelt. Annehmbaren, früheren Vereinbarungen kann großzügig im Austausch mit einem Entgegenkommen zugestimmt werden. Im Gegenzug werden unangenehme Zugeständnisse gefordert.
    Da bei diesem Rückschritt viele gemeinsame Vorteile verloren gehen, sollten zunächst die entstehenden Nachteile für die aufkündigende Partei herausgearbeitet und publiziert werden, damit deren Klientel die Nachteile bewusst werden. Besonders falsche Behauptungen und Lügen sollten hervorgehoben werden.
  • Die eigenen Interessen vorab polarisieren
    Bevor die eigentlichen Treffen beginnen, zählen parteiische Emissäre die eigenen Maximal­anforderungen auf und erklären sie als nicht verhandelbar. Die Zielgruppe dieser Ankündigungen ist der eigene Fan-Gemeinde. Hiermit wird demonstriert, dass man standhaft in deren Interessen handelt und bereit ist alles dafür zu tun.
    In dieser Phase sollten die Kollateralschäden für angrenzende Themenfelder zusammengestellt und aufgezeigt werden. Unter Umständen sind hier weitere Angebote an Dritte hilfreich – z.B. Standortvorteile, Sonderkonditionen, Separatabkommen.
  • Dem Verhandlungspartner schmeicheln
    In der Zwischenzeit vor den ersten Gesprächen wird die persönliche Atmosphäre der Verhandlungen mit Schmeicheleien positiv aufgeladen – durch persönliche Wertschätzung, eine herbeigeredete enge Beziehung sowie einer Zuversicht auf ein positives Ergebnis. Die Medien werden mit entsprechenden Bildern versorgt, die den Vertragspartner aufwerten.
    Als Reaktion sollten diese Schmeicheleien nicht überbewertet werden, da sie unerfahrene Ansprechpartner in Sicherheit wiegen und ein für die eigenen Interessen vorteilhaftes Gesprächsklima schaffen sollen. Allerdings lassen sie sich sofort in das eigene Marketing einbauen, um die eigene, interne Verhandlungsposition zu stärken – bevor der eigentliche Angriff stattfindet.
  • Mit den Muskeln spielen
    Die offiziellen Zwischenberichte werden genutzt, um Entschiedenheit zu suggerieren. Die Medien helfen dabei, einerseits den Druck auf den Vertragspartner durch die Wiederholung der maximalen Anforderungen zu erzeugen. Andererseits wird vor allem die eigene Filterblase mit einer Show versorgt, die die eigene Entschlossenheit demonstriert und die Zielgruppe in ihren Forderungen bestärkt.
    Die beste Antwort darauf ist es, in der Öffentlichkeit die Aussagen im eigenen Sinne auszulegen und die Vorteile der eigenen Positionen und die entstehenden Nachteile zu wiederholen, damit der gegnerischen Gefolgschaft die Gelegenheit gegeben wird, sich eine eigene Meinung zu bilden.
  • Vertragspartner beschimpfen
    Der einseitige Verhandlungsstil führt unweigerlich zu stockenden Verhandlungen. Diplomatische Gesprächspartner versuchen die Verhandlungen in Richtung Win-Win zu schieben. Desto länger die Gespräche laufen, desto sicherer entstehen Nachteile für unfaire Verhandler durch die immer klarer werdenden Bedingungen. Der so steigende Druck führt dazu, dass sie anfangen die Verhandlungspartner zu verunglimpfen und ihnen unfaire Verhandlungsführung zu unterstellen. Das geht soweit, dass den diplomatischen Unterhändlern unterstellt wird, die Ergebnisse zu blockieren – obwohl es an den starren Forderungen und der fehlenden Bereitschaft zu Kompromissen der einseitig geschäftstüchtigen Vertragspartei liegt.
    Auf diese unsachlichen Beschimpfungen sollte mit einem extrem sachlichen Stil geantwortet werden – die vorhandenen Optionen aufzeigen, die Deadline setzen, Gesprächstermine anbieten und sich derartig unangemessene Aussagen verbitten.
  • Trotzreaktion
    Zeigen die Verhandlungen keine Fortschritte und der unfairen Verhandlungspartei eine immer geringere Wahrscheinlichkeit, die eigenen Interessen durchsetzen zu können, dann verfallen sie in eine Trotzreaktion. Sie zeigen übertriebene Nachteile für alle auf, die zulasten beider Vertragspartner gehen. Sie wiederholen ihre ursprünglichen unrealistischen Forderungen und drohen mit dem ergebnislosen Ende der Verhandlungen. Die Schuld liegt natürlich bei den gegnerischen Vertretern. Öffentliche Auftritte werden genutzt, um über die Gegner herzuziehen und ihnen die Schuld zuzuweisen. Der anstehende Gesichtsverlust führt dazu, dass sie schließlich aus der Verantwortung flüchten – indem sie zurücktreten, Neuwahlen ausrufen oder die verbleibende Zeit aussitzen, bis sie automatisch abgelöst werden.
    Mit dem Beginn der Trotzphase sollte jegliches Entgegenkommen eingestellt werden, da der gegnerische Verhandlungsführer jetzt wirkungslos ist. Es ist ein guter Moment, die bisherigen Vorteile sowie die Bereitschaft die alten Konditionen neu zu durchdenken aufzuzeigen.

Fazit: Autokraten, Populisten, Bluffer und Verhandlungskiller belasten die erreichte Verhandlungskultur. Win-Win-Ansätze werden gnadenlos zum eigenen Vorteil missbraucht. Erfahrenen Verhandlungsführern fehlen Reaktionsmuster auf derartig unfaire Techniken. Es scheint an der Zeit diese Machenschaften auszudecken und zu verdeutlichen, dass es darauf keine vernünftigen Antworten gibt – außer: Tit-for-Tat. Aus diesem Grund muss man sich wohl darauf einstellen, dass mit derartigen Vertragspartnern Vereinbarungen unwahrscheinlich sind. Die gute Nachricht ist, dass die Globalisierung die Position der unfairen Verhandeler stark geschwächt hat. Es stehen viele andere Vertragspartner zur Verfügung, die bisherig geltende Verträge mit Win-Win-Lösungen übernehmen, die von Vertragskillern aufgelöst werden. Entscheidend für die einseitigen Verhandlungsführer ist die Tatsache, dass mit der Kündigung eines Vertrages nicht nur die Pflichten verloren gehen, sondern auch die Rechte (siehe: hier). Damit das allen klar wird, müssen die unfairen Verhandlungsführer lernen, dass sie ohne Vertrag, vor allem ohne Rechte dastehen, wenn es nichts mehr zu verhandeln gibt.

P.S.: Es gibt Nachteile, die durch ergebnislose Verhandlungen entstehen – höhere Preise, Einfuhrzölle, sonstige Barrieren des Marktzugangs. Bei ganzheitlicher Betrachtung sollte jedoch schnell klar werden, dass das Akzeptieren von einseitigen Verträgen unterm Strich mehr Nachteile bedeutet.