Schlagwort-Archive: Zeit

MONO/POLY nutzen

Mit immer präziseren Uhren scheinen wir dem Phänomen Zeit seit den Sonnenuhren der Ägypter näherzukommen. Allerdings erzeugt unsere Alltagserfahrung die Erwartung, dass die Zeit konstant abläuft – zumindest solange wir nicht auf einen Berg steigen oder mit einer Rakete die Erde verlassen. Und zusätzlich schlägt uns auch unsere Wahrnehmung so manches Schnippchen. Passiert viel, dann kommen wir in den Flow und die kurzweilige Spanne vom letzten Blick auf die Uhr bis zum nächsten vergeht ohne spürbare Dauer. Andererseits entwickelt man, wenn nichts passiert, das langweilige Gefühl, dass die Zeit stehen bleibt. Die Dynamisierung der Zeit zeigt sich anschaulich in den bewegten Bildern, dem Film – 24 Bilder pro Sekunde liefern einen ruckelfreien Verlauf. Filme werden auch mit besonderen Kameras aufgenommen, die 360 bis zu 25 Millionen Bilder pro Sekunde liefern und die Dehnung der Zeit (Zeitlupe) ermöglichen, indem anschließend der Film mit den üblichen 24 Bildern pro Sekunde abgespielt wird. Darüber hinaus haben sich zwei grundsätzliche Zeitkulturen entwickelt – Mono vs. Poly.

Um sich die Unterschiede von Mono und Poly klar zu machen, betrachten wir die folgenden Bereiche.

Bereiche Monochron Polychron
Aktivitäten Monochron ist bestimmt durch eine Folge von Ereignissen, die hintereinander ablaufen – ein Abschnitt nach dem anderen.

Tätigkeiten folgen einem Terminplan.

Privat und geschäftlich wird hartnäckig getrennt.

Termine werden als ein Zeitpunkt angesehen.
Pausen und persönliche Zeit werden stur eingehalten.

Polychron erkennt man an parallelen Ereignissen, die in einem Zeitrahmen stattfinden – viele Dinge passieren gleichzeitig.

Tätigkeiten werden durch persönliche Beziehungen in Einklang gebracht.

Privates & Geschäftliches sind stets miteinander verwoben.

Termine werden als ein vager Zeitraum betrachtet.
Pausen und persönliche Zeit werden jederzeit an die Gegebenheiten angepasst.

Beziehungen Persönliche Beziehungen sind der Terminplanung untergeordnet. Der aktuelle Zeitplan ist den persönlichen Beziehungen untergeordnet.
Struktur Die Zeit wird als fix und feststehend angesehen, klar voneinander getrennte Abschnitte werden separat betrachtet und die Zeit läuft linear ab. Die Zeit wird als fließend und veränderlich angesehen, Abschnitte überlappen sich und werden immer wieder durchlaufen.
Normen Monochrone Richtlinien bestehen auf Terminabsprachen, Schnelligkeit und Pünktlichkeit. Polychrone Regeln erlauben vage Termine, Gemächlichkeit und Unpünktlichkeit.
Regionen Monochrone Gesellschaften finden sich in:

·    Mittel- und Nordeuropa

·    Japan

·    Nordamerika (USA, Kanada)

Polychrone Gesellschaften finden sich in:

·    Südeuropa (Mittelmeerraum)

·    Naher Osten

·    Südamerika

 

Spannungen entstehen, wenn diese gegensätzlichen Zeitgefühle aufeinandertreffen und miteinander zusammenarbeiten müssen. Die völlig anderen Erwartungen lösen bei dem jeweils Anderen Stress aus. Da die einzelnen Parteien nicht einfach umschalten können, sollte zumindest den Beteiligten bewusst sein, dass es sich bei den auftretenden Konflikten nicht um Böswilligkeiten handelt, sondern um unterschiedliche, gültige Ansätze.

Fazit: Mono- und polychrones Zeitgefühl bestimmen den Rhythmus im Geschäftsalltag. Die sich ergebende Unvereinbarkeit der Zeitkulturen beeinflusst Aktivitäten, Beziehungen, Strukturen und Normen in den unterschiedlichen Regionen der Welt. Die Konflikte ergeben sich, wenn Termine als verbindlich oder nicht angesehen werden, oder die Zeit die Beziehungen dominiert bzw. umgekehrt, oder fixe Zeitpunkte auf fließende Zeiträume treffen, oder wenn Pünktlichkeit auf Unpünktlichkeit trifft, sofern es zu einem Treffen überhaupt kommt. Diese sich ergebenden Schwierigkeiten sind das Ergebnis der jeweiligen Erziehung und nicht Ausdruck von fehlendem Respekt. Da sich die eine Gruppe nicht vorstellen kann, dass die andere anders tickt, ist es wichtig, sich diese Unterschiede bewusst zu machen und tolerant darauf zu reagieren. Am Ende ergänzen sich die beiden Zeitvorstellungen und man kann sie in bestimmten Situationen zum Vorteil der Unternehmung nutzen.

Wie viel für die Leitung eines Projektes bleibt

Das Bild, das wir uns von Projektleitern machen, wird durch unsere Vorstellungen bestimmt. Ein Projekt ist dabei ein zeitlich begrenztes Vorhaben unterschiedlicher Größe mit einem klaren Start und Ende sowie mit den erforderlichen Ressourcen – Personal, Budget, Infrastruktur. Leiter sind Persönlichkeiten, deren Rolle die Steuerung der Maßnahmen mit weitrechenden Befugnissen und Verantwortung für die Ergebnisse umfasst. Am Ende ist ein Projektleiter eigentlich ein Macher, Gründer, Arbeitgeber, Unternehmer oder eine Führungskraft. Dass diese Aufgabe häufig auf die Rolle eines Kontoristen oder eines Koordinators ohne Befugnisse beschränkt wird, erklärt die Tatsache, dass Projekte ihre Ziele oft nicht erreichen.

Der Unternehmensgründer startet normalerweise ein Geschäft zu einer Zeit. Die falschen Erwartungen an den Projektleiter führen zu fehlender Ermächtigung und zeigen sich an der Anzahl von gleichzeitigen Projekten, die geleitet werden sollen – ein einzelnes Projekt hat 100% Aufmerksamkeit (40 Stunden pro Woche); jedes von vier Projekten 25% (10 Stunden pro Woche); bei acht Projekten jeweils 13% (5 Stunden pro Woche). Je nach Modus Operandi (z. B. PMBoK, PRINCE, GPM oder sogar agile Ansätze) können sich die Aktivitäten unterscheiden. Allerdings muss in jedem Fall mit den Beteiligten gesprochen, das Team bei Bedarf geführt sowie tägliche und wöchentliche Berichte vorbereitet werden.

  • Erforderliche Kommunikation
    Hierzu zählen die Abarbeitung von Emails, Anrufen und Sitzungen. Im Schnitt müssen wir uns mit 21 bis 50 E-Mails pro Tag beschäftigen sowie 11 bis 50 Telefonate führen. Darüber hinaus sind Sitzungen mit den Projektteams, den Führungskräften und Externen nötig, die jeweils zwischen 15 bis 60 Minuten oder sogar mehr Zeit beanspruchen. Mit mehreren Vorhaben bleibt dem Projektleiter für den Austausch manchmal nur eine Stunde pro Woche.
  • Angemessene Führung
    Die Führung beinhaltet persönliche Abstimmungen mit Mitarbeitern und Managern (z. B. Feedback, Zielvereinbarung, Entwicklung), die Bewältigung von Streitigkeiten und Krisen sowie zur Motivation und Unterstützung. Auf das Jahr gesehen macht das schnell 20% der Arbeitszeit aus – d. h. über viele Vorhaben hinweg ein Tag pro Woche. Von diesen acht Stunden pro Woche bleibt manchmal nur eine Stunde für die Führung pro Initiative.
  • Vorgeschriebene Berichte
    Nachvollziehbarkeit ist der wesentliche Zweck der Berichte. Viele Adressaten gehen davon aus, dass Aktualität, Richtigkeit, Konsistenz und Aussagekraft von alleine auf Knopfdruck entstehen. Allerdings muss der Projektleiter durch Stichproben sicherstellen, dass die von den Mitarbeitern gelieferten Daten und Zahlen zeitnah und richtig verfügbar sind und zueinanderpassen. Das tägliche Controlling ist dabei die Voraussetzung für stets aktuelle Daten, die regelmäßig zu übergreifenden Berichten verdichtet werden.
  • Übergreifende Aufgaben
    Die Zusammenfassung der täglichen Daten zu den wöchentlichen, monatlichen und quartalsweisen Meilenstein- und Abschlussberichten bezüglich des Projektfortschritts, der eingesetzten Mitarbeiter, der finanziellen Verbräuche sowie Handlungs- und Entscheidungsbedarfen erzeugt für verschiedene Stakeholder einen aktuellen Überblick. Zusätzlich finden wöchentlich bestimmte Aufgaben statt, wie z. B. Wochenstart und -abschluss inklusive Lessons learned und Plananpassungen. Die Anzahl der Berichte kann sich von einem Vorhaben zum anderen unterscheiden. Mit mehreren Projekten bleibt dem Projektleiter vielleicht nur eine Stunde pro Woche für die Erstellung von schlüssigen Berichten im jeweiligen Vorhaben.
  • Verbleibende Zeit
    Der Rest steht für sonstige spontane Aufgaben zur Verfügung – inhaltliche, beziehungstechnische und persönliche Tätigkeiten. Mit mehreren Vorhaben bleibt dem Projektleiter vielleicht nur eine Stunde pro Woche für unerwartete Aufgaben.

Fazit: Dass diese Arbeitslast mit Überstunden nicht kompensiert werden kann, sollte klar sein. Projekte sind die Form für heutige Aufgaben. Nimmt man die Ziele ernst und möchte man die angestrebten Ergebnisse wirklich erreichen, dann sollten die Auftraggeber unter allen Umständen der Projektleitung die Chance bieten, sich einem Vorhaben zu widmen oder zu akzeptieren, dass das Projekt mit einer zwei Drittel Wahrscheinlichkeit scheitert. Ansonsten gilt: Projektleitern mit fünf parallelen Projekten bleiben acht Stunden pro Projekt und Woche.